Seite 2 - AUTOHAUS SCHADENRECHT SB4-2011

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Klage gegen FairPlay
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Die Klage wendet sich gegen
die boykottmäßige Behinderung
von Rechtsanwälten in der
Unfallschadenabwicklung!
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Daniela Mielchen,
Vorstandsmitglied der
Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV
AUTOHAUS SCHADENRECHT
erscheint in AUTOHAUS SchadenBusiness
mit AUTOHAUS 23-24/2011
Herausgeber:
Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht
Deutscher Anwaltverein (DAV) e. V.
Chefredaktion
: Daniela Mielchen
Realisierung:
Springer Fachmedien München GmbH
Verlagsvertretung Presse + PR Pfauntsch
Otto-Hahn-Straße 28, Aufgang 4
85521 Ottobrunn-Riemerling
Tel. 0 89/6 65 90 70 - 0 / Fax -20
Koordination und Schlussredaktion:
Dieter Radl, Franziska Ziegler
Korrektorat:
Simone Meißner
Herstellung:
Maren Krapp (Leitung)
Grafik/Layout:
Karl-Heinz Bartl,
Gertrude Dorn, SabineWinzer
Druck:
Stürtz GmbH, 97080Würzburg
imPreSSUm
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as 7. AUTOHAUS-Schadenforumbildete imOktober den
Treffpunkt der Schadenszene. Während dort noch vor
einigen Jahren vornehmlich die Assekuranz anzutreffen
war, wird die Mischung von Jahr zu Jahr ausgewogener. Erfreu-
licherweise nimmt die Beteiligung von Autohäusern und Anwälten
zu. Walter Pfauntsch bedauerte in seiner Eröffnungsrede die Ab-
wesenheit von Rechtsanwalt Jörg Elsner, Vorsitzender der Arbeits-
gemeinschaft Verkehrsrecht imDAV. Er hätte ihn gern nach seiner
Klage gegen das FairPlay-Konzept der Allianz gefragt. Ich möchte
in Vertretung für Jörg Elsner unter Einbeziehung einiger Kongress-
erkenntnisse eine Erklärung wagen:
Seit Jahren ringen die Versicherer um den Erstkontakt mit dem
Geschädigten. Dies hat neben einer möglichen Schadenlenkung
in Partnerwerkstätten, Mitbestimmungsoptionen beim Aufkauf
von Restwerten oder Reparaturmethoden sowie demUnterbieten
marktüblicher Mietwagenpreise den Vorteil, Sachverständige und
Anwälte aus der Abwicklung herauszuhalten. Anwälte verteuern
den Schaden übrigens viel weniger durch ihre Honorare, die ca.
zwei Prozent der Schadenkosten ausmachen, als vielmehr durch
die Unterstützung der Geschädigten und der übrigen Dienstleister,
die mit Anwalt nicht selten 20 bis 30 Prozent mehr erhalten.
Während Versicherer in Aussage und Unterton nicht ganz rich-
tige Erstanschreiben versenden wie „Bevor Sie die Reparatur in
Auftrag geben oder einen Sachverständigen beauftragen, möchten
wir mit Ihnen klären, wie die Schadenhöhe kostengünstig ermittelt
werden kann. In den meisten Fällen ist ein Gutachten nicht erfor-
derlich“, hat die Allianz dies mit FairPlay in ein Konzept gegossen.
Als Vorteil einer vertraglichen Zusammenarbeit zwischen Versi-
cherer und Werkstatt bietet die Allianz eine schnelle, unkompli-
zierte Rechnungsbegleichung. Dies aber nur unter der Vorausset-
zung, dass freie Sachverständige und Rechtsanwälte nicht tätig
werden. Das mag auf den ersten Blick für einigeWerkstätten attrak-
tiv wirken. Der Umfang der Reparatur wird zwischenWerkstatt und
ControlExpert, einem von der Allianz beauftragten Dienstleister,
abgestimmt. Wer wird da wohl das entscheidende Wort haben,
wenn es auch eine günstigere Instandsetzungsmethode gibt? Die
Allianz schickt einen Sachverständigen, um über die Grenze zwi-
schen Totalschaden und 130-Prozent-Reparatur zu entscheiden.
Man braucht nicht daran zu zweifeln, dass dies überwiegend zu
Gunsten der viel billigeren Totalschadenabrechnung ausgeht. Auch
die Wertminderung wird auf Versicherungsseite bestimmt, statt
neutral vom freien Sachverständigen. Bei den Spannbreiten, die die
verschiedenen Berechnungsmethoden hergeben, dürfte auch dies
ein Geschäft sein, bei dem die Versicherung nur gewinnt.
Ein Blick auf den holländischenMarkt – in Potsdam ermöglicht
durch Roy de Lange (RLE International) – zeigt, wie viel Luft das
Schadenmanagement der deutschen Versicherer noch hat. Die
durchschnittlichen Reparaturkosten sind in den Niederlanden seit
2003 um fast elf Prozent gesunken. Die Stundenverrechnungssätze
fallen seit 2006 – sie stehen derzeit bei 58 Euro. Gleichzeitig wächst
der organisatorische Aufwand der Werkstätten, die von den Ver-
sicherungen angesteuert werden, ständig. So müssen Betriebe den
Geschädigten während der Reparatur kostenlose Ersatzfahrzeuge
zur Verfügung stellen. Ersatzteile sind zum Teil über ein eigenes
Portal der Versicherer zu bestellen. Die Versicherung Achmea
steuert 75 Prozent ihrer Schäden und erwartet, dies in Kürze auf
80 Prozent zu steigern – ein Preisdiktat, das mit der Ausschaltung
von Gutachter und Anwalt seinen Anfang nimmt.
Rechtsanwalt Jörg Elsner wendet sich mit seiner Klage nun
gegen die boykottmäßige Behinderung von Rechtsanwälten im
Unfallschaden. Erkennbar sei das Konzept darauf gerichtet, die
Werkstatt in das Lager der Versicherung zu ziehen. Wie das – ohne
Gegenwehr – enden wird, sehen wir an Holland!
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AutohAus
23-24/2011