Seite 12 - AUTOHAUS SCHADENRECHT SB12-H3

genutzten Kraftfahrzeugs, sondern setzt
grundsätzlich voraus, dass die Nutzung des
Kraftfahrzeugs für den Eigentümer wirt­
schaftliche Gründe hat und die Verfügbar­
keit des Fahrzeugs als wirtschaftlicher
Vorteil angesehen wird. Dementsprechend
wird es für einen Schadensersatzanspruch
erforderlich sein, dass der Geschädigte
eine fühlbare Beeinträchtigung erleidet,
weil er im Alltag beispielsweise auf öffent­
liche Verkehrsmittel zurückgreifen muss
und Beeinträchtigungen in der zeitlichen
Planung seines Alltags­lebens erleidet.
Eine Entschädigung für den vorüber­
gehenden Verlust der Gebrauchsfähigkeit
eines Kraftfahrzeugs braucht der ersatz­
pflichtige Haftpflichtversicherer daher
lediglich dann nicht zu leisten, wenn der
Geschädigte denWagen in der Reparatur­
zeit nicht hätte nutzen können, st. Rspr.
BGH, Urteil vom 07.06.1968, Az.: VI ZR
40/70.
Dies gilt grundsätzlich auch dann,
wenn er an der Nutzung aus unfallabhän­
gigen Gründen – wie etwa Unfallverlet­
zungen – gehindert war. Damit wird zu­
gleich auch deutlich, dass es auf eine
­
etwaige Arbeitsunfähigkeit des Geschä­
digten nicht ankommen kann, sofern
diese eine Nutzungsmöglichkeit nicht
vollständig ausschließt.
Praxishinweis: Trotz einer persön­
lichen Fahruntauglichkeit kann ein Ent­
schädigungsanspruch bestehen bleiben,
wenn der Geschädigte das Fahrzeug auf­
grund einer vor dem Unfall getroffenen
Vereinbarung einemDritten – etwa einem
Angehörigen, einem Ehepartner oder
­
einer sonstigen nahestehenden Person –
unentgeltlich zur Nutzung überlassen hat­
te und der Dritte es in der Zeit nach dem
Unfall tatsächlich genutzt hätte.
Mietwagen: Sicherungsabtretung
Rüdiger D. Weichelt:
Zweite Frage (Si­
cherungsabtretung): Nachdem der Kunde
die Sicherungsabtretung unterschrieben
hat, sind die im Vorfeld erforderlichen
Maßnahmen zur Auslastung des Werk­
stattbetriebs bereits getroffen worden. Erst
zu diesem Zeitpunkt sollte eine schrift­
liche Schadensanzeige bei dem Versiche­
rer vorgenommen bzw. die Unterlagen
sollten an den anwaltlichen Kooperations­
partner übermittelt werden.
Zur Verhinderung eines versiche­
rungseigenen Schadenmanagements sind
daher neben einer ersten Schadenerfas­
sung und Einordnung als Haftpflicht-
oder Kaskoschaden mit der Begutachtung
des Kraftfahrzeugs durch einen Sachver­
ständigen, der konkreten Abrechnungs­
methode und der Möglichkeit zur Anmie­
tung eines Ersatzfahrzeugs die wesent­
lichen Weichen von der Reparaturwerk­
statt gestellt worden. Vor diesem Hinter­
grund wird es sich gerade auch für eine
Entlastung des Kunden und des Werk­
stattbetriebes anbieten, wenn der Kunde
die weitere Abwicklung des Unfallscha­
dens in die Hände eines spezialisierten
Verkehrsanwalts gibt. Dessen Kosten sind
grundsätzlich erstattungsfähig.
Wer die Tür eines geparkten Fahrzeugs zur
Straßenseite hin öffnen will, muss sich zunächst
vergewissern, dass sich kein Verkehr nähert. Die
Sorgfaltsanforderungen des Paragraph 14 StVO
gelten für alle Handlungen, die mit dem Vorgang
des Aussteigens in Verbindung stehen. Erst mit
Verlassen der Fahrbahn kann dieser Vorgang als
beendet angesehen werden. Dies geht aus einer
Entscheidung des Landgerichts (LG) Wiesbaden
hervor, auf das die Verkehrsanwälte (ArGe
Verkehrsrecht im DAV) verweisen.
Im vorliegenden Fall kam es zu einer Kollision
eines am Straßenrand geparkten Fahrzeugs mit
einem sich nähernden Auto, nachdem der Halter
des geparkten Fahrzeugs die Tür zur Fahrbahn-
seite hin geöffnet hatte. Der sich im fließenden
Verkehr befindliche Wagen konnte nicht mehr
ausweichen. Es entstand ein Schaden von über
4.000
Euro, den der Halter des stehenden Pkw
ersetzt verlangte. Nach Auffassung des LG könne
der Beklagte nicht gemäß Paragraph 17 Abs. 3
StVG für den Unfall in Haftung genommen wer-
den, da das Ereignis für ihn ein unabwendbares
Ereignis dargestellt habe. Unabwendbar sei ein
Ereignis immer dann, wenn auch ein Idealfahrer
bei besonders sorgfältiger, umsichtiger, reakti-
onsschneller und geistesgegenwärtiger Fahr-
weise den Unfall nicht hätte vermeiden können.
Dies sei im vorliegenden Fall zutreffend. Das
Gericht gelangte aufgrund der Beweisaufnahme
zu dem Schluss, dass die Fahrertür erst unmittel-
bar vor dem herannahenden Fahrzeug weit in die
Fahrbahn hinein geöffnet worden sei, so dass der
Beklagte trotz Vollbremsung den Zusammenstoß
nicht habe verhindern können.
Der Kläger jedoch habe gegen die Verhaltens-
maßregeln des Paragraph 14 StVO verstoßen,
indem er die Fahrertür zur Fahrbahn hin geöffnet
und damit eine Gefährdung für sich nähernde
Fahrzeuge dargestellt habe. Demnach trete auch
die mögliche Betriebsgefahr des bewegten Fahr-
zeugs des Beklagten gegen den Verstoß des Klä-
gers zurück. Es sei anerkannt, dass derjenige, der
die linke Wagentür zur Fahrbahn hin öffnen wol-
le, diese Tür nur langsam und nur spaltweise bis
zu zehn Zentimetern öffnen dürfe, so das Gericht
in seiner Begründung. Die Tür dürfe überhaupt
nur dann geöffnet werden, wenn sich mit Ge-
wissheit kein Verkehr nähere. Die Sorgfaltsanfor-
derungen des Paragraph 14 StVO gelten für die
Dauer des gesamten Aussteige- und Umsteige-
vorgangs, also für alle Vorgänge, die in einem
unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusam-
menhang mit diesem stehen.
Wer unachtsam die
Türe öffnet, haftet.
+++ Verkehrs
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Wer nach einem unverschuldeten Unfall sein Fahrzeug nicht mehr nutzen kann, bekommt für die
Dauer der Reparatur meist einen Mietwagen – häufig auch wenn er krank geschrieben ist.
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18/2012