K
ommt es zwischen zwei Kraftfahr-
zeugen zu einem Verkehrsunfall,
wendet sich der Geschädigte an die
Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgeg-
ners. Wird der Schaden schuldhaft bei-
spielsweise durch einen Fahrradfahrer ver-
ursacht, tritt dessen private Haftpflichtver-
sicherung ein. Allerdings ist in vielen Fäl-
len selbst auf den dritten Blick noch nicht
zu erkennen, welche Versicherung eintritts-
pflichtig ist. Dies ist deshalb von Bedeu-
tung, da in der privaten Haftpflichtversi-
cherung keine „Höherstufung“ im Scha-
densfall erfolgt. Andererseits kann der
Schädiger ein Interesse daran haben, dass
ein Schadensfall über seine Kfz-Haftpflicht-
versicherung abgewickelt wird, weil er bei-
spielsweise keine private Haftpflichtversi-
cherung besitzt oder er derartige Schadens-
fälle in den Bedingungen vom Versiche-
rungsschutz ausgeschlossen hat. Einen
solchen Ausschluss vereinbaren die pri-
vaten Haftpflichtversicherer dann, „wenn
der Schadensfall durch den Gebrauch eines
Kraftfahrzeuges“ entstanden ist.
Logisches Fallbeispiel
Ein im Auto zurückgelassener Hund
schafft es, mittels des automatischen Fens-
terhebers aus dem Fahrzeug zu entwi-
schen und auf einen benachbarten Reiter-
hof zu laufen. Dort beißt er ein Reitpferd,
welches daraufhin eingeschläfert werden
muss. Die private (Tierhalter-)Haftpflicht
erklärt, der Schadensfall sei auf den Ge-
brauch des Fahrzeuges zurückzuführen,
und verneint die Eintrittspflicht. Das OLG
Karlsruhe war demgegenüber der Auf-
fassung, dass sich hier die typische Tier-
gefahr und nicht die typische Betriebs-
gefahr des Fahrzeuges verwirklichte – und
damit die private Haftpflichtversicherung
eintrittspflichtig sei. Das klingt logisch
und ist es auch.
Unbeständige Rechtslage
Leider folgt die Rechtsprechung dieser
Logik jedoch nicht konsequent: Ein im
Auto zurückgelassenes 14-jähriges Mäd-
chen will, um die Wartezeit auf die Mutter
zu verkürzen, das Autoradio anschalten.
Dabei betätigt sie den zurückgelassenen
Zündschlüssel, dreht diesen jedoch verse-
hentlich so weit, dass das Auto an- und
nach vorn springt, wobei ein anderes
Fahrzeug beschädigt wird. Obwohl sich
hier die typische Betriebsgefahr des Kfz
durch die Fehlbedienung verwirklicht hat,
ordnete das OLG Celle dieses Schadens-
ereignis der Eintrittspflicht des privaten
Haftpflichtversicherers des Mädchens zu.
Eine Vielzahl weiterer Fallkonstellati-
onen mit unterschiedlichen Ergebnissen
bestätigt die uneindeutige Rechtslage in
derartigen Streitfällen. Es kommt bei der
Geltendmachung des Schadens also auf
die sehr genaue Kenntnis der unterschied-
lichen Rechtsprechung und die argumen-
tative Darstellung der jeweiligen Fälle an
–
deshalb empfiehlt es sich, zur Klärung
einen Fachanwalt hinzuzuziehen.
■
Zuständigkeit
ungeklärt
Haftung
–
Nach einem Unfall ist häufig unklar, welche Versicherung des Schädi-
gers für den Schaden aufkommen soll. Auch die Rechtslage dazu ist nicht eindeutig.
von Andreas Krämer (Rechtsanwalt)
Foto: fotolia - DarkVectorangel
Ob im Schadensfall die Kfz- oder die private Haftpflichtversicherung eintrittspflichtig ist, hängt stark von der Kenntnis über die sehr unterschiedliche
Rechtsprechung und die argumentative Darstellung des jeweiligen Falles ab.
ra andreas krämer
Andreas Krämer ist Fachan-
walt fürVersicherungsrecht
und Verkehrsrecht sowie
Senior Partner der auf die
Lösung von versicherungs-
und haftpflichtrechtlichen
Problemen spezialisierten
Kanzlei Krämer – Rechtsan-
wälte in Frankfurt amMain.
Gleichzeitig ist Krämer Regionalbeauftragter der
ArbeitsgemeinschaftVerkehrsrecht imDeutschen
Anwaltsverein (DAV) und Mitglied der Arbeits-
gemeinschaft Versicherungsrecht.
autohaus schadenrecht
10/2013
Autohaus
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