E
s soll sie ja geben, die Autohaus-
Kunden, die nach einemUnfall eine
„
Eigenreparatur“ vorziehen und
sich den Nettobetrag des Gutachtens aus-
zahlen lassen. Den ganzen Nettobetrag?
Nein! Die unbeugsamen deutschen Kfz-
Versicherer präsentieren regelmäßig eine
ummehrere hundert Euro günstigere Ver-
gleichsberechnung.
Doch Geiz ist in diesem Zusammen-
hang für den Halter des demolierten Fahr-
zeuges nun einmal völlig ungeil, und des-
halb fragt er stets: Dürfen die das? Niemals,
ließ der Bundesgerichtshof (BGH) im le-
gendären sogenannten Porsche-Urteil im
Jahre 2003 mitteilen (Az. VI ZR 398/02).
Damals entschied das Gericht, dass bei
einer fiktiven Abrechnung auch die Stun-
denverrechnungssätze einer markenge-
bundenen Fachwerkstatt geltend gemacht
werden dürfen. So sollte es für alle Zeiten
sein. Oder wenigstens für sechs Jahre.
Kürzungen nur manchmal verboten
Im Jahre 2009 folgte nämlich im noch le-
gendäreren VW-Urteil (Az. VI ZR 53/09)
eine klitzekleine Veränderung: Kürzungen
durch Versicherungen bleiben grundsätz-
lich verboten, sind aber ausnahmsweise
erlaubt, wenn: Ja, wenn sie eine Werkstatt
finden, die den konkreten Schaden zwar
günstiger, aber genauso gut beseitigen
könnte. Auf Juristendeutsch heißt das:
„[…]
wenn sie (die Versicherung, Anmer-
kung der Redaktion) darlegt und gegebe-
nenfalls beweist, dass eine Reparatur in
dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard
her der Reparatur in einer markengebun-
denen Fachwerkstatt entspricht[…].“
Damit war dann alles gesagt. Fast. Es
folgten noch ein paar Ausnahmen der Ein-
schränkung. Ein Verweis auf eine güns
tigere markenungebundene Werkstatt ist
nämlich unzumutbar, wenn das Fahrzeug
noch keine drei Jahre alt war oder bis zum
Unfall immer in der Markenwerkstatt
repariert und gewartet wurde (Audi Quat-
tro-Urteil, Az. VI ZR 53/09; BMW-Urteil,
Az. VI ZR 91/09). Darüber hinaus dürfen
veranschlagte Stundensätze nicht auf ver-
günstigten Sondervereinbarungen zwi-
schenWerkstatt und Versicherung basieren
(
Mercedes A170-Urteil, Az. ZR 337/09).
Urteil legitimiert die Katze im Sack
Am 14. Mai 2013 kam nun noch ein wei-
teres Urteil dazu. Da über den Wagentyp
des erfolglosen Klägers nichts bekannt ist,
nennen wir es einfach das „Katze-im-Sack-
Fiktive Abrechnung
ade?
Rechtsprechung
–
Wenn fiktiv abgerechnet werden soll, versucht die Ver-
sicherung des Schädigers häufig, die Schadenersatzansprüche zu drücken. Ein
neues BGH-Urteil schwächt dabei die Position des Geschädigten jetzt noch mehr.
von Jörg Schmenger (Rechtsanwalt)
Lesen SIe hier...
...
womit der Geschädigte, falls er sich für die
fiktive Abrechnung des Schadens entscheidet,
laut BGH-Urteil rechnen muss.
Fotos: fotloia -WoGi, fotolia - fotomek
Auch ein unverschuldeter Schaden
bringt Ärger mit sich – nach der neuen
Rechtsprechung in Sachen fiktiver Ab-
rechnung möglicherweise umso mehr.
autohaus schadenrecht
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Autohaus
23-24/2013