Nutzungsausfallentschädigung
Frage:
Unser Kunde hat einen Totalscha-
den erlitten und der Gutachter daraufhin
eine Wiederbeschaffungsdauer von 14 Ta-
gen veranschlagt. Allerdings hat der Kunde
bereits vor zwei Monaten bei uns einen Neu-
wagen bestellt, der in sechs Wochen gelie-
fert wird. Wie soll er seine Mobilität in den
verbleibenden vier Wochen überbrücken
und wer zahlt das?
Viviane Scherer:
Der Geschädigte hat
grundsätzlich Anspruch auf Ersatz seines
Ausfalls, wenn er das unfallbeschädigte
Fahrzeug in der Ausfallzeit auch tatsäch-
lich nutzen will und kann. Dieser An-
spruch besteht jedoch nicht uneinge-
schränkt, denn der Geschädigte kann nur
den Zustand ersetzt verlangen, der vor
dem Unfall bestand. Das bedeutet kon-
kret, dass der Geschädigte auch nur Nut-
zungsersatz für den Zeitraum verlangen
kann, der zur Wiederherstellung des vor
dem Unfall bestehenden Zustands erfor-
derlich ist. Das kann entweder die Dauer
der Reparatur oder der Ersatzbeschaffung
eines gleichwertigen Fahrzeugs sein.
Pflichten des Geschädigten
Wenn der Geschädigte sich nun wie im
vorliegenden Fall schon vor dem Unfall
ein Folgefahrzeug bestellt hat, die Liefer-
zeit aber deutlich über der vomGutachter
prognostizierten Dauer für die Ersatz-
beschaffung liegt, muss er seine Schadens-
minderungspflicht beachten. Um die ei-
geneMobilität aufrechterhalten zu können,
ist es je nach konkreter Situation wahl-
weise möglich, entweder ein Interimsfahr-
zeug anzuschaffen, sich ein Fahrzeug zu
mieten oder auf die tatsächliche Nutzung
zu verzichten – und sich dies finanziell
entschädigen zu lassen.
So hat der Bundesgerichtshof (BGH)
im Jahre 2007 entschieden, dass dem Ge-
schädigten über den vom Sachverstän-
digen veranschlagten Zeitraum hinaus bis
zur Lieferung des bereits vor dem Unfall
bestellten Fahrzeugs Nutzungsausfall
entschädigung zugebilligt werden könne,
sofern diese die wirtschaftlichen Nach-
teile, die durch die Anschaffung eines
Zwischenfahrzeugs zusätzlich entstehen
würden, nicht wesentlich übersteige
(
BGH-Urteil vom 18. Dezember 2007, Az.
VI ZR 62/07).
Der Geschädigte sollte allerdings prü-
fen, welcher in seinem Falle der auf seine
Bedürfnisse zugeschnittene günstigste
Weg ist. Denn sollte mit dem gegne-
rischen Haftpflichtversicherer Streit darü-
ber entstehen, in welcher Höhe die Kosten
zu erstatten sind, muss der Geschädigte
darlegen, dass der Kostenunterschied
unwesentlich und die Abrechnung des
Schadens noch wirtschaftlich ist. Insofern
muss er darstellen, welche Umstände ihn
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abwicklung an die Verkehrsanwälte des Deutschen Anwalt Vereins (DAV).
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AUTOHAUS schadenrecht
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23-24/2013