erstatten, ob der Geschädigte sein Fahr-
zeug tatsächlich voll, minderwertig oder
überhaupt nicht reparieren lässt (BGH,
Urteil vom 23.02.2010, Az.: VI ZR 91/09;
Oberlandesgericht Düsseldorf NJW 2012,
2044).
Will der Schädiger beziehungsweise
der Haftpflichtversicherer des Schädigers
den Geschädigten mit dem Hinweis auf
dessen Schadensminderungspflicht auf
eine günstigere Reparaturmöglichkeit in
einer mühelos und ohne weiteres zugäng-
lichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen,
muss der Schädiger darlegen und gegebe-
nenfalls beweisen, dass eine Reparatur in
dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard
her der Reparatur in einer markengebun-
denen Fachwerkstatt entspricht.
Der Geschädigte muss dazu in die Lage
versetzt werden, sowohl die problemlose
Zugänglichkeit als auch die Gleichwertig-
keit der vorgeschlagenen Instandsetzung
in der Alternativwerkstatt zu überprüfen.
Dem Geschädigten müssen alle not-
wendigen Informationen unaufgefordert
zur Verfügung gestellt werden. Dazu
gehören Angaben zur Entfernung der
Alternativwerkstatt zum Wohnort des
Geschädigten, aber auch Kriterien wie
beispielsweise, ob es sich um eine Meister-
werkstatt handelt, ob und von welcher
Organisation diese zertifiziert ist, ob dort
Originalersatzteile verwendet werden und
über welche Erfahrung man bei der Repa-
ratur von Unfallfahrzeugen verfügt. Der
Geschädigte muss sich hierbei nicht auf
Sonderkonditionen von Vertragswerk-
stätten des Haftpflichtversicherers verwei-
sen lassen.
+++VERKEHRSRECHTSTICKER+++
Ein Unfallopfer bekommt grundsätzlich auch die
Abschleppkosten ersetzt. Die gegnerischeVersi-
cherung darf dies nur dann verweigern, wenn er-
kennbar war, dass der Preis des Abschleppunter-
nehmens unangemessen hoch ist. Der Betrof-
fene muss jedoch keine Marktforschung betrei-
ben, entschied das Amtsgericht Aschaffenburg
am 28. Juni 2013 (Az.: 116 C 861/12).
In dem von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrs-
recht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitge-
teilten Fall musste ein Unfallopfer sein Auto ab-
schleppen lassen. Neben den sonstigen Unfall-
kosten wollte der Geschädigte auch die Kosten
für das Abschleppen von der gegnerischenVersi-
cherung ersetzt bekommen. Diese kürzte aller-
dings den Betrag. Sie begründete das damit, dass
die Kosten des beauftragten Abschleppunter-
nehmens über denen der Konkurrenz lägen.
Die Kostenmüssen komplett ersetzt werden,
entschied das Gericht. Nur wenn es für einen
Laien erkennbar sei, dass die Kosten unangemes-
sen hoch seien, könne eine Kürzung in Betracht
kommen. Hierfür gebe es aber keine Anhalts-
punkte. Auchmüsse das Unfallopfer keine Markt-
forschung betreiben.
Keine Recherche durch Geschädigten
Die Richtigkeit der Angaben muss der
Geschädigte ebenso wenig überprüfen,
wie er eigene Recherchen zu den Konditi-
onen der Alternativwerkstatt anstellen
muss.
Genügt die Verweisung durch den
Haftpflichtversicherer auf die Alternativ-
werkstatt diesen Anforderungen nicht, ist
sie nicht wirksam und damit nicht zu be-
rücksichtigen.
Oft erfolgt die Abrechnung auch unter
Hinweis auf eine andere Reparaturme-
thode als im Gutachten vorgesehen. Die
Verweisung ist in diesem Fall nur dann ak-
zeptabel, wenn konkret benannt wird, um
welche alternative Reparaturmethode es
sich handelt und warum diese zumindest
gleichwertig im Vergleich zu der von dem
Schadensgutachter vorgeschlagenen Me-
thode ist (Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 21.01.2014, Az.: 14e O 230/12).
Verweisung kann unzumutbar sein
Die Verweisung kann für den Geschädig-
ten trotz eigentlich wirksamer Benennung
einer Alternativwerkstatt allerdings unzu-
mutbar sein. Der BGH hat dies grundsätz-
lich angenommen bei Fahrzeugen, die
nicht älter als drei Jahre sind, sowie bei
älteren Fahrzeugen, wenn der Geschädig-
te sein besonderes Interesse an der Ab-
rechnung auf Basis der Kosten einer Mar-
kenwerkstatt nachweisen kann.
Dies ist in der Regel dann der Fall,
wenn das ältere Fahrzeug scheckheft-
gepflegt ist und auch sonst wesentliche
Reparatur- und Wartungsarbeiten in der
Markenwerkstatt durchgeführt wurden.
Lässt der Geschädigte die Reparatur nach
den Vorgaben des Gutachters durchfüh-
ren, so spielen besondere Umstände, wie
das Alter des Fahrzeuges oder seine Lauf-
leistung, keine Rolle mehr (BGH, Urteil
vom 23.02.2010, Az.: VI ZR 91/09; OLG
Düsseldorf a.a.O.). Die Kosten sind dann
ohne Wenn und Aber zu erstatten.
Viviane Scherer
■
RA VIVIANE SCHERER
Viviane Sche-
rer ist Fach-
anwältin für
Verkehrsrecht.
Als Inhaberin
der in Klein-
aitingen (Land-
kreis Augs-
burg) ansässi-
gen Kanzlei
Scherer vertritt
und berät sie
seit 2006 aus-
schließlich
Mandanten in verkehrsrechtlichen Angele-
genheiten. Sie ist Mitglied in der Arbeitsge-
meinschaft Verkehrsrecht des Deutschen
Anwaltvereins (DAV).
AUTOHAUS SCHADENRECHT
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18/2014