grundlagen, aufgrund derer sie haften,
ebenfalls nicht. Einerseits haben wir die
Kasko. Diese muss aufgrund eines Vertra-
ges haften. Andererseits die Haftpflicht
des Gegners, die zahlt für den Verursa-
cher, der – ganz ohne Vertrag – Änglers
Auto beschädigte. Damit Unfallabrech-
nung nicht zu einem ganz eigenen Ge-
schäftszweig wird, hat der Gesetzgeber
gehandelt. Im Versicherungsvertrags-
gesetz (VVG) wurde festgelegt, dass der
Anspruch des Ängler nicht mehr ihm,
sondern dessen Vollkaskoversicherung
gehört, sobald diese den Schaden bezahlt
hat.
Das würde bedeuten, dass der An-
spruch des Ängler auf die Erstattung des
Reparaturschadens, den die Vollkasko
zahlte, nun der Vollkasko gehört.
Gegenüber der Haftpflichtversicherung
des Unfallgegners könnte Ängler nun noch
die verbliebenen 1.000 Euro geltend
machen. Diese müsste aber nur 500 Euro
zahlen, da Ängler ja zu 50 Prozent selbst
haftet. Müsste. Denn auch das wäre unge-
recht. Wieso soll der Schädiger plötzlich
nur 500 Euro zahlen? Eigentlich müsste
dieser doch die Hälfte des gesamten Scha-
dens blechen, also 1.500 Euro. Nur weil
Ängler eine Vollkasko hat? Das kann na-
türlich nicht sein. Deshalb hat der Gesetz-
geber nicht nur festgelegt, dass der An-
spruch übergeht, sondern auch, dass Äng-
ler hieraus kein Nachteil entstehen darf.
Rechtsprechung schafft Klarheit
Welcher Nachteil würde Ängler entste-
hen? 500 Euro? Leider nicht ganz. Denn
vomQuotenvorrecht sind nicht alle Scha-
denspositionen betroffen, sondern nur
diejenigen, die unmittelbar mit der Besei-
tigung des Fahrzeugschadens zusammen-
hängen. Welche Positionen das sind, hat
die Rechtsprechung herausgearbeitet. In
unserem Beispiel würde die Nutzungsaus-
fallentschädigung herausfallen, da dies ein
Schaden ist, der erst durch die Schadens-
beseitigung entsteht.
Der Nachteil läge in unserem Beispiel
demnach bei 300 Euro. Die erhält Ängler
voll ausgezahlt. Von den verbliebenen 200
Euro Nutzungsausfall bekäme er die Hälf-
te, also 100 Euro. Insgesamt erhielte er
2.900
Euro. Nicht schlecht für einen Scha-
den, an demman zu 50 Prozent mithaftet.
Wir halten also fest:
1.
Die Kasko-Zahlung darf den Schädiger
nicht entlasten.
2.
Der Geschädigte erhält nicht mehr als
den gesamten Schaden.
3.
Von der Vergleichsberechnung sind
nicht alle Schadenspositionen betroffen.
Kommen wir nun zu den Versprechun-
gen vom Anfang. Hierzu erweitern wir
unser Beispiel mit den restlichen Schadens-
positionen und schauen mal, was passiert.
Änglers Vollkasko hat nämlich üblicher-
weise eine Selbstbeteiligung von 300 Euro.
Außerdem hat er einen Selectvertrag. Bei
einer Reparatur in der Werkstatt seines
Vertrauens, die leider keine Vertragswerk-
statt der Versicherung ist, würde eine
Strafzahlung, bzw. Kürzung der Versiche-
rungsleistung von weiteren 300 Euro dro-
hen. Die Kasko würde demnach nur 1.400
+++VERKEHRSRECHTSTICKER+++
GrößereWohnmobile müssen spätestens sechs
Jahre nach ihrer Erstzulassung jährlich zur Haupt-
untersuchung. Über die Entscheidung des Ver-
waltungsgerichts Koblenz vom 24. Januar 2014
(
Az.: 5 K 916/13.Ko) informiert die Arbeitsge-
meinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt-
vereins (DAV).
Der Halter einesWohnmobils – Erstzulassung
April 2008 – führte das Fahrzeug im Juli 2013
beimTÜV vor. Der Prüfer erstellte die Prüfplakette
und setzte die nächste Hauptuntersuchung auf
denMonat Juli 2014 fest. Gegen die TÜV-Prüfung
bereits nach einem Jahr klagte der Mann. Er be-
gründete dies damit, dass er erst nach zwei Jah-
ren wieder zur Hauptuntersuchungmüsse.
Ohne Erfolg. FürWohnmobile mit einer zuläs-
sigen Gesamtmasse vonmehr als 3,5 Tonnen
und bis zu 7,5 Tonnen gelte zwar in den ersten
72
Zulassungsmonaten eine nur 24-monatige
Untersuchungspflicht. Anschließendmüsse das
Fahrzeug jedoch alle zwölf Monate zur TÜV-Un-
tersuchung. Daher könne in diesem Fall die Prüf-
plakette nur noch zwölf Monate erteilt werden.
Zwar liege die Rate der erheblichenMängel an
privat genutztenWohnmobilen etwa bis zum
achten Zulassungsjahr deutlich unter der ver-
gleichbarer Nutzfahrzeuge. Deshalb sei bei neue-
renWohnmobilen auch ein Untersuchungsinter-
vall von 24 Monaten gerechtfertigt. Bei älteren
Fahrzeugen aber habe es der Gesetzgeber dem-
gegenüber angesichts der Mängelhäufigkeit bei
der bis dahin geltenden zwölfmonatigen Frist
belassen.
Euro zahlen (2.000 Euro Reparatur minus
600
Euro).
Quotenbevorrechtigt sind immer noch
Reparatur, Gutachterkosten undWertmin-
derung inHöhe von zusammen 2.800 Euro.
Hiervon die Hälfte gibt 1.400 Euro, die die
Haftpflichtversicherung zahlen muss.
Zusammen erhält Ängler in diesem
Beispiel demnach? Richtig. Auch 2.800
Euro. Weitere 100 Euro aus dem halben
Nutzungsausfall. Er hat somit 2.900 Euro
in der Tasche.
Aufmerksame Leser merken: Das ist ja
genauso viel wie im ersten Beispiel. Ängler
kann in diesem Fall, ohne auch nur einen
Euro mehr zu zahlen, sein Auto in der
Werkstatt seines Vertrauens reparieren
lassen.
Doch keine Party ohne Kater. Durch die
Nutzung seiner Kaskoversicherung steigt
natürlich der Versicherungsbeitrag. Im-
merhin kann Ängler wiederum die Hälfte
der Erhöhung vom Schädiger verlangen.
Durch das Quotenvorrecht erhält der Ge-
schädigte die Möglichkeit große Teile sei-
nes Schadens ersetzt zu bekommen, auch
bei wesentlicher Mithaftung.Die Berech-
nung ist allerdings ein wenig kompliziert.
Praxistipp: Schicken Sie Ihren Kunden,
der einen Unfall mit Haftungsanteil und
eine Vollkaskoversicherung hat, nicht
weg, nur weil dieser einen Selectvertrag
präsentiert. Klären Sie Ihren Kunden auf,
dass er die Zahlung der Kaskoversiche-
rung mit der des Schädigers kombinieren
kann. Für die Abrechnung nach Quoten-
vorrecht sollte er dann aber einen Anwalt
beauftragen.
Jörg Schmenger
■
RA JÖRG SCHMENGER
Jörg Schmen-
ger ist in
der Kanzlei
Schmenger,
Greß mit Sitz
in Mainz tätig.
Er ist Fach-
anwalt für
Verkehrsrecht
und Mitglied
der Arbeits-
gemeinschaft
Verkehrsrecht
im Deutschen
Anwaltverein (DAV). In seinem Blog„rechts-
verkehr.de“ klärt er regelmäßig über ver-
kehrsrechtliche Fragen auf.
AUTOHAUS SCHADENRECHT
50
18/2014