Seite 9 - AUTOHAUS SCHADENRECHT SB4-2011

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Kunden extrem nachteilige Entscheidun­
gen zu treffen. Unabhängig davon, ob es
sich um einen Haftpflicht­ oder Kasko­
schaden handelt, gilt es zunächst, darauf
zu achten, ob der Kunde die Werkstatt
überhaupt aufsuchen darf. Wenn der Lea­
singgeber nur herstellergebundene Pkw
vermarktet, hat er möglicherweise mit
markengebundenen Werkstätten beson­
dere Vereinbarungen geschlossen, so dass
diese aufzusuchen sind.
Gleiches gilt für die Frage, ob ein Sach­
verständiger hinzuzuziehen ist oder dieser
vorgegeben wird. Regelmäßig besteht für
das Leasingfahrzeug eine Kfz­Vollkasko­
versicherung, welche aber in erster Linie
den wirtschaftlichen Interessen des Lea­
singgebers dient. Meist hat der Leasing­
nehmer eine oft nicht unerhebliche Selbst­
beteiligung zu tragen.
kaskoschaden
Handelt es sich bei einem Schadenfall
zweifelsfrei um einen Kaskoschaden, rich­
tet sich die Regulierungspraxis in erster
Linie nach den Leasingbedingungen und
dem Versicherungsvertrag, dessen Inhalt
demKunden oftmals nicht gegenwärtig ist.
Der Leasingvertrag beschreibt dabei in
den Bedingungen ähnliche Inhalte wie der
eines Versicherers, weil der Leasingneh­
mer oftmals nicht Versicherungsnehmer
ist. Das heißt, dass bei Verletzungen von
Obliegenheiten, etwa Verschweigen von
(kleineren) Vorschäden, Trunkenheits­
fahrten oder dem unberechtigten Entfer­
nen vom Unfallort sowie Pkw­Überlas­
sung an unberechtigte Personen, ganz oder
teilweise der Versicherungsschutz entfällt.
Deshalb ist bei einem reinen Kasko­
schaden grundsätzlich den Vorgaben des
Leasinggebers zu folgen, auch wenn diese
eventuell für Werkstatt oder Leasingneh­
mer technisch wie wirtschaftlich nicht
nachvollziehbar sind. So können die Lea­
singgeber zum Beispiel durch Auswahl
des Sachverständigen, der die Bewertung
des Rest­ und/oder Wiederbeschaffungs­
wertes vornimmt, die Schadenshöhe zu
Ungunsten von Leasingnehmern und
Kaskoversicherern beeinflussen. Bei Flot­
tenversicherungsverträgen sind die Versi­
cherer üblicherweise weitaus kulanter als
bei Verträgen mit Endverbrauchern.
haftpflichtschaden
Problematischer sind die Fälle, denen ein
Haftpflichtschaden zugrunde liegt. Es gibt
Leasinggeber, die auch bei Haftpflicht­
schäden zunächst auf eine Abrechnung
mit der Kaskoversicherung bestehen, da
dies den Verwaltungsaufwand vereinfacht
und eine kurzfristige Liquidität sicher­
stellt. Die vorschnelle Inanspruchnahme
der Kaskoversicherung bei einem eindeu­
tig zu Lasten des Unfallgegners gehenden
Haftpflichtfall kann aber einen Verstoß
gegen die Schadensminderungspflicht
darstellen. Die Folge ist beispielsweise,
dass der Leasingnehmer, der die Versiche­
rungsprämie zu zahlen hat, den durch die
Inanspruchnahme der Kaskoversicherung
entstehenden Höherstufungsschaden
nicht ersetzt bekommt.
Beim Haftpflichtschaden stellt sich für
den Leasingnehmer die Abwicklung des
Schadens mit der gegnerischen Haft­
pflichtversicherung im Regelfall als güns­
tiger dar, insbesondere dann, wenn der
Haftungsgrund unstreitig bei demUnfall­
gegner liegt und der Schaden technisch
vollständig zu reparieren ist. Der Leasing­
geber behält seinen Pkw und erspart sich
die komplizierte und wirtschaftlich regel­
mäßig nachteiligere Abrechnung mit dem
Leasinggeber über den Rest­ undWieder­
beschaffungswert in Verbindung mit der
Anrechnung des nicht nachvollziehbaren
eventuellen Veräußerungserlöses.
leasinggeber bestimmt oftmals
reparaturwerkstatt
Jedoch muss in derartigen Fällen sofort
von Seiten des Leasingnehmers mit dem
Leasinggeber Kontakt aufgenommen wer­
den, damit der Schaden nach Möglichkeit
durch einen eigenen Gutachter des Lea­
singnehmers begutachtet werden kann.
Dabei ist darauf zu achten, dass vor allem
eine möglichst nachvollziehbare merkan­
tile Wertminderung angegeben wird. Die­
se steht dann allerdings dem Leasinggeber
zu. Der Leasinggeber bestimmt aber oft­
mals, dass der Kunde in einer bestimmten
Werkstatt zu reparieren habe, weil mit
dieser Sonderkonditionen bestehen und
mit der Fälligstellung der Rechnung zuge­
wartet wird, bis der gegnerische Haft­
pflichtversicherer wirklich zahlt.
raten sind weiter zu zahlen
Der Leasingnehmer hingegen kann als sei­
nen Schaden „nur“ den Verlust des Fahr­
zeuggebrauchs geltend machen. Daraus
folgt, dass die Leasingraten auch dann von
ihm zu zahlen sind, wenn sich das Fahr­
zeug – gegebenenfalls auch über längere
Zeit – in Reparatur befindet oder neu be­
schafft werden muss. Letztlich kann er
adäquate Mietwagenkosten oder die Nut­
zungsausfallentschädigung verlangen.
Schuldteilung
Führt ein Unfallgeschehen zu einer Haf­
tungsquotelung, wird der Leasinggeber den
Schaden über die Kaskoversicherung ab­
rechnen. In diesem Fall bekommt der Lea­
singnehmer im Rahmen des bestehenden
Quotenvorrechts neben der quotenmä­
ßigen Gebrauchsentschädigung die volle
Selbstbeteiligung vom Schädiger ersetzt.
Leasingnehmer sind gut beraten, sich
auch bei „klaren Fällen“ anwaltliche Hilfe
zu holen, um nicht in dem für sie schwer
zu durchschauenden Verhältnis der Viel­
zahl von Beteiligten zerrieben zu werden,
zumal der anwaltliche Beistand beim un­
verschuldeten Unfall für sie kostenfrei ist.
Aber auch für Leasinggeber, vor allem für
solche ohne verkehrsrechtlich spezialisier­
te Rechtsabteilung, kann dies gelten. Auch
hier werden die Anwaltskosten inzwi­
schen in der weit überwiegenden Anzahl
der Fälle für erstattungsfähig gehalten.
z
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rechTSAnWAlT AndreAS krämer
Andreas Krämer ist Fachanwalt für Versicherungs-
recht und Verkehrsrecht sowie Senior Partner
der auf die Lösung von versicherungs- und haft-
pflichtrechtlichen Problemen spezialisierten
Kanzlei Krämer - Rechtsanwälte in Frankfurt am
Main. Gleichzeitig ist Krämer Regionalbeauf-
tragter der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht
im Deutschen Anwaltsverein und Mitglied der
Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht.
rechtsanwalt Andreas krämer
AuTOhAuS SchAdenrechT
23-24/2011
AutohAus
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