reparaturkostenkalkulation
Frage:
Was genau ist eigentlich das „Pro-
gnoserisiko“, von dem ständig die Rede ist?
Stefan Herbers :
Nach einem Verkehrs-
unfall muss sich der Geschädigte zu-
nächst darum kümmern, dass er den
Schaden an seinem Fahrzeug feststellen
lässt und beziffern kann. Bei einem sehr
geringen Schadenumfang kann ein Kos-
tenvoranschlag ausreichen. Anderenfalls
– in jedem Fall, wenn die Gefahr eines
wirtschaftlichen Totalschadens im Raume
steht – ist die Einholung eines Sachver-
ständigengutachtens unentbehrlich.
Der Geschädigte muss auf Basis des
Gutachtens entscheiden, wie er verfahren
möchte, also beispielsweise, ob das Fahr-
zeug repariert werden soll, er eine Ersatz-
beschaffung vornehmen oder sich die
Schadenersatzsumme fiktiv auszahlen
lassen möchte. Hierbei muss er auf die
Angaben des Sachverständigengutachtens
vertrauen dürfen.
Dieses Vertrauen des Geschädigten
wird als „Prognoserisiko“ durch die
Rechtsprechung geschützt. Immerhin
besteht die Gefahr, dass erst während der
Reparatur bemerkt wird, dass die erfor-
derlichen Reparaturkosten bzw. der zu-
nächst geschätzte Schadensumfang doch
weit größer ist. Dies kann auch so weit
gehen, dass ein wirtschaftlicher Totalscha-
den eintritt, der selbst unter Berücksichti-
gung der sogenannten 130-Prozent-Gren-
ze (Reparaturkosten überschreiten den
Wiederbeschaffungswert um über 130
Prozent) die durchgeführte Reparatur im
Nachhinein unwirtschaftlich macht.
UmdemGeschädigten die Gefahr einer
Fehlentscheidung aufgrund fehlerhafter
Daten zu seinen Lasten zu nehmen, be-
stimmt der Bundesgerichtshof in ständiger
Rechtsprechung, dass dieses „Prognose-
risiko“ den Schädiger bzw. seinen Vertreter
– den Kfz-Haftpflichtversicherer – trifft.
Hat also der Geschädigte auf Basis des
Kostenvoranschlages bzw. auf Basis des
Sachverständigengutachtens wirtschaft-
liche Vernunft walten lassen und eine Re-
paratur in Auftrag gegeben und stellt sich
sodann im Nachhinein heraus, dass ein
wirtschaftlicher Totalschaden aufgrund
der tatsächlichen Reparaturkosten einge-
treten ist, muss der Schädiger bzw. sein
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In dieser Rubrik stellen Leser ihre Fragen zur Unfallschaden-
abwicklung an die Verkehrsanwälte des Deutschen Anwalt Vereins (DAV).
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5/2012