AUTOHAUS SCHADENRECHT
Erstattungsfähigkeit eines Unfallschadens
von einer Haftungsquote abhängen und
aufgrund Verschuldens und/oder Betriebs-
gefahr eingeschränkt sein könnte (so Prox,
Rechtsdienstleistungsgesetz und Unfall-
schadenregulierung in ZfSch 2008, 363ff.).
Eine Einschätzung der Haftung oder
eine Bewertung eines Verschuldens ist die-
sem hingegen nicht erlaubt. Eine solche
Bewertung ist nur imRahmen einer recht-
lichen Prüfung des Einzelfalls möglich,
mithin eindeutig eine Rechtsdienstleistung.
Serviceberatung
Doch nicht jede Rechtsdienstleistung ist
dem Servicemitarbeiter versagt. Im Prinzip
sind diese zwar nach wie vor Rechtsanwäl-
ten und Personenmit besonderer Erlaubnis
vorbehalten. Paragraph 5 RDG erlaubt je-
doch auch anderen Berufsgruppen, Rechts-
dienstleistungen zu erbringen, soweit diese
„imZusammenhang mit einer anderen Tä-
tigkeit stehen und als Nebenleistung zum
Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören“. Ob
eine Rechtsdienstleistung als Nebenleistung
der Haupttätigkeit zu werten ist, hängt vom
„Inhalt, Umfang und sachlichen Zusam-
menhangmit der Haupttätigkeit“ ab, „unter
Berücksichtigung der Rechtskenntnisse, die
für die Haupttätigkeit erforderlich sind“.
Entscheidend ist, ob zur Beantwortung der
Rechtsfrage eine umfassende Ausbildung
eines Rechtsanwaltes erforderlich ist oder
die juristische Qualifikation des Autohaus-
mitarbeiters ausreicht. Wichtig ist, dass das
Autohaus nur in den Bereichen der Unfall-
schadenabwicklung beraten darf, die mit
dem Auftrag zur Schadenbeseitigung, der
Fahrzeugreparatur oder der Ersatzbeschaf-
fung in Zusammenhang stehen.
ThemaWertminderung
So ist es erlaubt, dem Kunden einen Hin-
weis auf eine mögliche Wertminderung zu
geben. DieWertminderung hingegen kon-
kret zu beziffern, dürfte bereits nicht mehr
ausreichend im Zusammenhang mit der
eigentlichenHaupttätigkeit – der Reparatur
oder dem Verkauf von Fahrzeugen – ste-
hen. Der Mitarbeiter des Autohauses kann
mit seinem Kunden die Reparatur- und
Abrechnungsmöglichkeiten besprechen. Er
darf dem Kunden anhand des Gutachtens
erläutern, ob eine Reparatur oder eine Ab-
rechnung nach Totalschaden in Betracht
komme, und er darf auf die Möglichkeit
einer 130-Prozent-Reparatur hinweisen.
Dabei ist zu beachten, dass der Mitarbeiter
seinen Kunden – soweit er ihn berät – auch
auf sämtliche möglichen Folgen und
Pflichten hinweisen muss.
Ob Haltefrist, Erstattung der Mehr-
wertsteuer bei fiktiver Abrechnung, not-
wendiger Reparaturumfang oder Repara-
turweg: Der Beratende braucht umfas-
sende Kenntnisse und muss sich in seinem
Bereich ständig rechtlich auf dem neues-
ten Stand halten, ansonsten besteht ein
Haftungsrisiko.
Nicht zum eigenen Vorteil
Es reicht nicht aus, nur auf die Nähe der
erbrachten Rechtsdienstleistung zur eige-
nen Haupttätigkeit zu achten, sondern
auch darauf, dass diese keinen Einfluss auf
die Erfüllung einer anderen Leistungs-
pflicht haben darf. Diese in Paragraph 4
RDG normierte Interessenkollision ver-
bietet die Rechtsdienstleistung, wenn die-
se „unmittelbar Einfluss“ auf den Inhalt
der Hauptleistungspflicht haben kann.
Konkret bedeutet dies, das Autohaus
darf nicht zu seinem Vorteil beraten. Pro-
blematisch kann z. B. die Erörterung der
Frage mit dem Kunden sein, ob nach dem
vorliegenden Gutachten eine fiktive Scha-
densberechnung erfolgen soll oder eine
tatsächliche Abrechnung durch Vorlage
einer Reparaturrechnung. Rät die Werk-
statt zur tatsächlichen Reparatur, kann ein
wirtschaftliches Interesse naheliegen, eine
vollständige Reparatur auf der Grundlage
des Sachverständigengutachtens vorzu-
nehmen. Möglicherweise wäre der Rat an
den Kunden, wegen einer möglichen Mit-
haftung das Fahrzeug nur teilweise oder
in Form einer Billigreparatur instand set-
zen zu lassen, besser. Auch die Frage, ob
eine Reparatur des Fahrzeuges oder eine
Ersatzbeschaffung das Richtige ist, könnte
vom eigenen Interesse des Autohauses
motiviert sein. Je nachdem ob die Werk-
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Autohaus
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