AUTOHAUS SCHADENRECHT
statt ausgelastet ist oder der Verkauf eines
Ersatzfahrzeuges angestrebt wird. Daher
ist es wichtig, dass der Serviceberater im-
mer über alle alternativen Möglichkeit
und deren Folgen aufklärt.
Kein Rundum-Sorglos-Paket
anpreisen
Nun stellt sich die Frage, ob dies alles aus-
reicht, dem Kunden die Unfallschadenab-
wicklung als Dienstleistung anzubieten.
Nicht uneingeschränkt! Wirbt das
Autohaus z. B. mit einer „Scha-
denabwicklung mit allen Versi-
cherungsgesellschaften“, ver-
mittelt es nach Auffassung
der Gerichte dem Kunden
den Eindruck, dass nicht nur
allgemeine Auskünfte oder solche
zur Instandsetzung des Fahrzeuges erteilt
werden, sondern das Angebot darüber
hinausgehe. Der Kunde könne aufgrund
einer solchen Äußerung erwarten, dass
die gesamte Schadenabwicklung – von der
Prüfung der Haftung bis zur Geltendma-
chung sämtlicher in Frage kommender
Schadenspositionen – vom Autohaus
übernommen würde. Dabei würde jedoch
die Grenze der zulässigen Rechtsdienstleis
tung eindeutig überschritten (so unter
anderem LG Koblenz, Urteil vom 7. März
2009, 4 HK O 140/08; LG Aachen, Urteil
vom 12. Mai 2009, 41 O 1/09).
Auch das Angebot eines Autohauses in
einem Informationsblatt, demKunden „die
Abwicklung des Schadensfalls an seinem
Fahrzeug so einfach und sorglos wie mög-
lich“ zu gestalten, darf in der Form nicht
gemacht werden (Landgericht Gießen, Ur-
teil vom 2. Oktober 2010, Az. 6 O 43/10).
Damit unterbreite das Autohaus eine
Rechtsdienstleistung, die ihmnicht erlaubt
sei. Aus „der Sicht eines durchschnittlich
informierten und verständigen Verbrau-
chers, der eineWerbeaussage mit einer der
Situation angemessenen Aufmerksamkeit
verfolgt“, stelle sich die Dienstleistung als
eigene dar. Ebenso wurden von Gerichten
die Formulierungen „professioneller
Rundum-Service“, „Unfallspezialist im
Rahmen eines Unfallschadenmanage-
ments“, „komplette Unfallschadenabwick-
lung“, „Übernahme der kompletten Un-
fallabwicklung“ oder „kompletter Unfall-
service aus einer Hand“ als Verstoß gegen
das Rechtsdienstleistungsgesetz und damit
als wettbewerbswidrig im Sinne des Para-
graph 3 UWG gewertet.
■
Kurzfassung
Das Rechtsdienstleistungsgesetz ermöglicht Autohäusern und Werkstätten, ihren Kunden weitgehend
bei der Unfallschadenabwicklung behilflich zu sein. Als Anlaufstelle nach einem Unfallereignis kann
der Geschädigte in vielen Bereichen beraten und die Korrespondenz mit der Versicherung übernom-
men werden. Das Autohaus kann dem Geschädigten bei der Beauftragung eines Gutachters behilflich
sein und zur Abwicklung aller weiteren Ansprüche einen Anwalt empfehlen. Die„Rundum-Sorglos-
Abwicklung“ für den Kunden kann zwar nicht vollständig als eigene Dienstleistung des Autohauses
erfolgen, aber mit dessen Rat und Hilfe in Form eines Schadenservice unter Einbindung von Anwalt
und Sachverständigen bereits im Autohaus veranlasst werden.
Das dürfen Autohäuser unter anderem in Hinblick auf die Beratung bei der Unfallschadenabwicklung,
je nach Qualifikation des beratenden Mitarbeiters:
1.
Allgemeine Fragen beantworten (Rechtsnormen wiedergeben oder schematisch anwenden)
2.
Reparaturkosten geltend machen
3.
Über grundsätzliche Schadenpositionen aufklären
4.
Rechtlichen Rat in Zusammenhang mit der Reparatur des Fahrzeuges erteilen
5.
Die Haftung bei der Versicherung erfragen
6.
Schadensmeldung, Gutachten und Reparaturrechnung direkt an diese weiterleiten
7.
Broschüren und Informationsbriefe aushändigen
Fotos: Presse + PR Pfauntsch
Entscheidend ist, ob
zur Beantwortung
der Rechtsfrage die
juristische Qualifika-
tion des Autohaus-
mitarbeiters ausreicht.
RA eva holst
Eva Holst ist Fachanwältin für Verkehrsrecht in
Hamburg. Sie ist in der Kanzlei Mielchen &
Collegen (www.mielco.de) tätig und leitet dort
seit 2004 den Autohausbereich. Sie betreut mit
ihrem Team die Unfallabwicklung für Autohaus-
kunden sowie das Sachmangeldezernat.
Rechtsanwältin Eva Holst
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Autohaus
10/2012