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ähnlicher Form regelmäßig anzutreffende
Abtretungsformul ierung zugrunde:
„Hiermit trete ich die Schadensersatz-
forderung auf Erstattung der Mietwagen­
kosten gegen den Fahrer, Halter und de-
ren/dessen Haftpflichtversicherung aus
dem oben genannten Schadensereignis
erfüllungshalber an die Firma XY ab.
Ich weise die Versicherung und gegebe-
nenfalls den regulierenden Rechtsanwalt
an, den sich aus der Fahrzeuganmietung
ergebenden Schadensbetrag unmittelbar
an die oben genannte Autovermietung zu
zahlen, und bitte darum, die Zahlungsbe-
reitschaft kurzfristig dorthin zu bestätigen.
Durch diese Abtretung und Zahlungs-
anweisung werde ich nicht von meiner
Verpflichtung zur Zahlung der Mietwa-
genkosten befreit, wenn die Versicherung
nicht in angemessener Zeit/Höhe leistet.
Zahlungen werden mit den Ansprüchen
der Geschädigten verrechnet.“
Ausnahme laut BGH
Dass die Forderung ausreichend bestimmt
ist, ist unzweifelhaft, da nicht alle Ansprü-
che abgetreten wurden, sondern allein die
dieser Forderung zugrunde liegenden
Mietwagenkosten. Die eintrittspflichtige
Versicherung wendete jedoch ein, dass die
Abtretung nichtig sei, da sie gegen das
Rechtsdienstleistungsgesetz verstoße.
In diesem ist geregelt, dass Rechts-
dienstleistungen ausschließlich durch ei-
nen Rechtsanwalt erbracht werden dürfen.
Eine Ausnahme sieht jedoch Paragraph 5
Abs. 1 Satz 1 Rechtsdienstleistungsgesetz
vor. Nach dieser Vorschrift sind Rechts-
dienstleistungen im Zusammenhang mit
einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie
als Nebenleistung zum Berufs- oder Tä-
tigkeitsbild des Handelnden gehören. Ob
eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ih-
rem Inhalt, Umfang und sachlichen Zu-
sammenhang mit der Haupttätigkeit unter
Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu
beurteilen, die für die Haupttätigkeit er-
forderlich sind (§ 5 Abs. 1 Satz 2 RDG).
Forderungshöhe ist entscheidend
Der Bundesgerichtshof hat nun entschie-
den, wann eine solche Nebenleistung
noch vorliegt. Danach ist der Forderungs-
einzug durch ein Unternehmen nur dann
als erlaubte Nebenleistung anzusehen,
wenn allein die Höhe der abgetretenen
Forderung in Streit steht, wegen der darü-
ber hinausgehenden Komplexität der
Rechtslage hingegen nicht, wenn die Haf-
tung demGrunde nach bzw. die Haftungs­
quote streitig ist oder Schäden geltend
gemacht werden, die in keinem Zusam-
menhang mit der Haupttätigkeit stehen,
wie z. B. Schmerzensgeldansprüche.
Angemessenheit
Dies bedeutet für die Praxis, dass Siche-
rungsabtretungen von Unfallersatzan-
sprüchen durch einen Geschädigten an
eine Reparaturwerkstatt, an einen Sach-
verständigen oder an ein Mietwagenun-
ternehmen grundsätzlich rechtlich mög-
lich sind. Dabei darf sich das Mietwagen-
unternehmen jedoch allein die Ansprüche
auf Ersatz der Mietwagenkosten abtreten
lassen, wie auch die Reparaturwerkstatt
sich allein die Ansprüche auf Ersatz der
Reparaturkosten abtreten lassen darf.
Sodann darf die Forderung eingezogen
werden. Wendet der Versicherer Beden-
ken zur Haftung dem Grunde nach ein,
darf sich das Unternehmen damit nicht
auseinandersetzen und muss sich an sei-
nen Auftraggeber halten. Anders verhält
es sich, wenn der Versicherer z. B. die An-
gemessenheit des zugrunde liegenden
Mietwagentarifes problematisiert. Hier
darf das Mietwagenunternehmen mit dem
Versicherer argumentieren und die An-
sprüche selbst gerichtlich verfolgen.
Aufklärungspflicht
Am Ende gibt der BGH Mietwagenunter-
nehmen noch eine Belehrung mit auf den
Weg: Bei Anmietung eines Ersatzfahrzeugs
nach einem Unfall besteht eine Aufklä-
rungspflicht des Vermieters gegenüber
demGeschädigten über mögliche Regulie-
rungsschwierigkeiten mit dem gegneri­
schen Haftpflichtversicherer. Bei Verlet-
zung der Aufklärungspflicht besteht gegen-
über dem Geschädigten unter Umständen
nur ein Anspruch auf Zahlung von Miet-
wagenkosten in der Höhe, die in einem
Rechtsstreit mit demHaftpflichtversicherer
als erforderlich angesehen wird.
Kein Interesse an Grenzbereichen
Abschließend sei noch der Hinweis erlaubt,
dass es für Mietwagenunternehmen, Werk-
stätten oder Sachverständige überhaupt
keinen Grund gibt, sich in dem Grenz-
bereich erlaubter und verbotener Rechts-
dienstleistung zu bewegen. Eine Werkstatt
sollte das Interesse haben, Fahrzeuge zu
reparieren und dafür schnell und angemes-
sen entlohnt zu werden. Kein Interesse
kann jedoch daran bestehen, Arbeit, Zeit
und Ärger in die Kommunikationmit Ver-
sicherungen zu investieren. Denn eine Ent-
lohnung hierfür erfolgt nicht.
Auf Augenhöhe
Entlohnt für eine solche Tätigkeit wird
jedoch der Rechtsanwalt. Jeder Geschä-
digte hat stets einen Anspruch darauf, mit
der Versicherung auf Augenhöhe zu kom-
munizieren, und darf dafür die Dienste
eines Rechtsanwalts in Anspruch nehmen.
Die Kosten hierfür hat die gegnerische
Versicherung zu tragen.
Dies gilt unabhängig davon, ob die Haf-
tung dem Grunde oder der Höhe nach
streitig ist oder werden könnte. Diese Kos­
ten sind stets im Umfang der Haftung des
Versicherers durch diesen zum Ausgleich
zu bringen. Der von einemVerkehrsanwalt
vertretene Geschädigte kann und wird also
dazu beitragen, dass sich der Sachverstän-
dige auf das Begutachten von Fahrzeugen
genauso konzentrieren kann wie dieWerk-
statt auf das Reparieren derselben.
RA Christian Janeczek
Rechtsanwalt Christian Janeczek ist als Fachanwalt
für Verkehrsrecht und für Strafrecht in Dresden
tätig. Zudem ist er Regionalbeauftragter der
Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen
Anwaltverein sowie Mitglied der Arbeitsgemein-
schaft Strafrecht. Er ist Partner der insgesamt
stringent auf das Verkehrsrecht spezialisierten
Rechtsanwaltskanzlei Roth und Partner.
Rechtsanwalt Christian Janeczek
autohaus schadenrecht
10/2012
Autohaus
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