RA Christin Meinhold
Christin Meinhold ist seit Anfang 2010 in
der Kanzlei Roth|partner als Anwältin mit
Schwerpunkt Verkehrsrecht beschäftigt.
Kernpunkt ihrer Tätigkeit ist dabei die
Betreuung von Autohäusern in allen
Bereichen des Verkehrsrechts. Meinhold
ist Mitglied in der ARGE Verkehrsrecht.
sämtliche Unterlagen, wie Schadenschil-
derung, Gutachten und die polizeiliche
Ermittlungsakte vorgelegen haben und
damit die Versicherung mit weiteren Ein-
wendungen ausgeschlossen ist.
Hätte die Rechtsauffassung der Beklag-
ten Erfolg, hätte dies nicht nur für diesen,
sondern auch für eine Vielzahl weiterer
Fälle erhebliche Auswirkungen.
Verlässliche Zusagen?
Das Schreiben der Versicherung war an die
Werkstatt adressiert. Es handelt sichmithin
um juristische Laien. Die Werkstatt durfte
davon ausgehen, dass eine Kostenüber-
nahmebestätigung bis zu einer Reparatur-
summe von 2.300 Euro erklärt worden war.
Ein Überschreiten der Reparatursum-
me lag nicht vor. Würde nunmehr die an-
dere Auffassung Bestand haben, hätte dies
zur Folge, dass bei sämtlichen Schäden die
Werkstatt und der Geschädigte erst bei
Zahlung der Summe sicher sein können,
dass die Kosten zu 100 Prozent übernom-
men werden. Dies würde bedeuten, dass
sich der Geschädigte nicht auf Zahlungs-
zusagen der Versicherung verlassen kann
und jederzeit damit rechnen müsste, dass
diese widerrufen werden.
Endgültiges Urteil wird erwartet
Das ist im Hinblick auf den Gedanken
der Rechtssicherheit nicht hinnehmbar.
Nichtsdestotrotz hat die eintrittspflichtige
Versicherung nunmehr Berufung einge-
legt, sodass eine endgültige Entscheidung
noch aussteht.
Für die Werkstatt kann dies jedoch nur
Folgendes bedeuten: Entweder weist sie
die Versicherung darauf hin, dass erst mit
Zahlung der Reparaturkosten netto repa-
riert wird und gegebenenfalls Mietwagen-
kosten oder Nutzungsausfall anfallen
können, oder der Geschädigte muss sich
gegebenenfalls mit der Vorfinanzierung
befassen, was jedoch ebenfalls zu Mehr-
kosten auf Seiten der Versicherer führt.
Eine weitere Option wäre, dass der Kunde
zunächst in Vorleistung geht, was imHin-
blick auf eine Vielzahl der Schadensfälle
mangels Möglichkeit der Vorfinanzierung
beziehungsweise Kundenzufriedenheit oft
nicht durchführbar oder sinnvoll ist.
■
Wer mit einem Fahrzeug einen Unfall unter
Alkoholeinfluss verursacht, dem kann die Ver-
sicherung die Leistung verweigern. Das Füh-
ren eines Fahrzeugs in einem alkoholbedingt
fahruntüchtigen Zustand sei ein so schwerer
Verkehrsverstoß, bestätigt eine Entscheidung
des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe,
dass diese Vorgehensweise gerechtfertigt sei.
Die Verkehrsanwälte (ArGe Verkehrsrecht im
DAV) berichten zu dem beurteilten Fall: Ein
Mann setzte sich in trunkenem Zustand hinter
das Steuer seines Pkw und fuhr in einer Kurve
geradeaus gegen eine Mauer. Eine Blutprobe
ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,1
Promille. Die Versicherung beglich den Scha-
den in Höhe von über 4.600 Euro, verlangte
jedoch schließlich den Ersatz der vollstän-
digen Summe, weil er im Zustand absoluter
Fahruntüchtigkeit gefahren sei. Gemäß der
Allgemeinen Kraftfahrt-Versicherungsbedin-
gungen dürfe ein Fahrzeug nicht gefahren
werden, wenn der Fahrer durch den Genuss
von Alkohol nicht in der Lage sei, das Fahr-
zeug sicher zu fahren. Er verletze seine Pflich-
ten damit grob fahrlässig, was die Versiche-
rung berechtige, die Leistungen entsprechend
der Schwere des Verschuldens zu kürzen.
Der Beklagte hatte einen Teilbetrag von rund
1.800
Euro anerkannt, weitere Zahlungen an
seine Versicherung aber abgelehnt. Er war
der Auffassung, ihm könne keine vorsätzliche
Trunkenheitsfahrt nachgewiesen werden und
er müsse nach Paragraph 28 Abs. 2 Satz 2 VVG
aufgrund des Ausschlusses einer Leistungs-
kürzung auf null für den Schaden nur zur
Hälfte einstehen. Der BGH bestätigte nun mit
seiner Entscheidung eine Regresspflicht des
Beklagten in voller Höhe. Die Richter sahen
in seinem Verhalten einen derart schwerwie-
genden Obliegenheitsverstoß, dass eine Kür-
zung der Leistung auf null gerechtfertigt sei.
Eine vollständige Versagung der Leistung
sei in jenen Fällen möglich, in denen sich
der Schweregrad der groben Fahrlässigkeit
dem Vorsatz annähere, so die Richter in der
Begründung. Der Beklagte habe mit dem bei
ihm gemessenen Promille-Wert von 2,1 die
Grenze zur alkoholbedingten Fahruntüchtig-
keit von 1,1 deutlich überschritten und da-
mit als absolut fahruntüchtig gegolten. Die
alkoholbedingten Ausfallerscheinungen des
Beklagten dürften somit laut BGH als die allei-
nige Schadensursache angesehen werden.
Kein Versicherungs-
schutz mehr nach
Unfall mit 2,1 Promille?
+++ Verkehrs
rechtsticker +++
Muss die Werkstatt die Kosten tragen, wenn die Versicherung die Reparaturkostenübernahme-
erklärung (RKÜ) nach der Reparatur widerruft?
autohaus schadenrecht
18/2012
Autohaus
69