?
UNFAL LSCHADEN ABWI CKLUNG
Autohäuser fragen –
Rechtsanwälte antworten
Fotos:
In dieser Rubrik stellen Leser Fragen zur Unfallschadenabwicklung an
die Verkehrsrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV)
Sehen. Man denke hier an den Geruch
eines Raucher- oder Hundefahrzeugs
und die Auswirkungen des Geruchs auf
den Wiederbeschaffungswert eines Fahr-
zeugs.
Die Entscheidung des AG Dachau ist
richtig, dies ergibt sich auch aus folgen-
der Überlegung:
Für den Fall einer gerichtlichen Aus-
einandersetzung ist das Gericht an den
sogenannten Grundsatz der Unmittel-
barkeit der Beweisaufnahme gebunden,
welcher besagt, dass sich das Gericht
selbst einen Eindruck von allen entschei-
dungserheblichen Dingen verschaffen
muss, um sich von deren Richtigkeit zu
überzeugen. Das Gesetz kennt nur ganz
eng begrenzte Ausnahmefälle, in denen
das Gericht diese unmittelbare Wahr-
nehmung „auslagern“ darf. Beispielswei-
se kann das Gericht ausnahmsweise die
Vernehmung eines Zeugen einem ande-
ren Gericht übertragen, wenn eine große
Frage:
Werden „Fernbegutachtungen“ von
Versicherungen gleichermaßen gut akzep-
tiert wie Vor-Ort-Begutachtungen des
Sachverständigen oder muss ich mit
Problemen rechnen, wenn ich mich für
ein derartiges Sachverständigenangebot
mit Anschaffung einer entsprechenden
Anlage für die Fernbegutachtung ent-
scheide?
Jens Dötsch:
Bei der Vielzahl von Versi-
cherern liegt es in der Natur der Sache,
dass eine grundsätzliche Aussage nicht
gegeben werden kann. Viel entscheiden-
der ist daher die Frage, ob ein solches
Angebot für die Kunden eine zusätzliche
hilfreiche Dienstleistung darstellt, wie
dies eventuell beworben wird. Dies ist
nur dann der Fall, wenn das Gutachten
auch im Falle eines Prozesses – also
dann, wenn der Versicherer das Gutach-
ten außergerichtlich gerade nicht akzep-
tiert hat – vom Gericht als Grundlage sei-
ner Entscheidung anerkannt wird.
Es gibt bereits vereinzelte gerichtliche
Entscheidungen, die derartige Gutachten
für unbrauchbar halten, weshalb diese
nicht Grundlage einer gerichtlichen Ent-
scheidung sein können. Besonders um-
fassend hat das AG Dachau im Urteil
vom 30.01.2013, Az. 3c 1146/10, zahlrei-
che wichtige Punkte, die gegen ein sol-
ches Ferngutachten sprechen, aufgeführt.
Das Gericht ist der Auffassung, dass die
verwendete Videotechnik in keiner Wei-
se eine den Regeln der Technik entspre-
chende Art zur Schadenbegutachtung
darstellt. Zudem sei die Wahrnehmung
des Auges eine andere oder kann zumin-
dest eine andere sein im Vergleich zur
Wahrnehmung eines Videobildes. Des
Weiteren erfolge eine solche Gutach-
tenerstellung unter Umständen nicht un-
parteiisch, weshalb das Gutachten weni-
ger aussagekräftig sei. Schließlich seien
für eine umfassende Begutachtung auch
andere Sinne erforderlich als nur das
11/2015
71
AUTOHAUS SCHADENRECHT