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Entfernung zwischen dem Wohnort des
Zeugen und dem Gericht besteht.
Wenn das Gericht sich der Hilfe eines
Sachverständigen bedient, weil es eine
Frage aus eigener Kenntnis nicht selbst
beantworten kann, so tritt der Sachver-
ständige an die Stelle des Gerichts. Wenn
jedoch bereits das Gericht an die unmit-
telbare Einnahme des Augenscheins we-
gen des Grundsatzes der Unmittelbarkeit
der Beweisaufnahme gebunden ist, so
muss dies für den Sachverständigen als
Hilfsperson des Gerichts ebenfalls gelten.
Diese Vorgehensweise des Gesetzgebers
hat auch einen guten Grund: es mag sein,
dass sich entscheidungserhebliche Um-
stände nur dadurch erschließen, dass sie
mit sämtlichen Sinnen wahrgenommen
werden, und nicht bloß mit den Augen.
Die Folge der Auffassung des AG Da-
chau ist zum einen, dass im gerichtlichen
Verfahren ein weiteres Gutachten einge-
holt werden muss, dessen Kosten der
Kunde aufwenden muss. Zum anderen
sind die Kosten der Fernbegutachtung
nicht erstattungsfähig, weil das Gutach-
ten nach Ansicht des AG Dachau un-
brauchbar ist. Der Kunde bleibt also auf
den Kosten des Gutachtens sitzen und
wird die ihm zusätzlich angebotene
Dienstleistung nicht als Hilfe empfinden.
Solange also der Gesetzgeber die Ein-
nahme des Augenscheins nicht mit tech-
nisch eventuell möglichen Mitteln zur
Begutachtung gleichsetzt, empfehle ich
meinen Mandanten nicht, Kosten für
Fernbegutachtungen aufzuwenden, weil
nicht gesagt werden kann, ob derartige
Gutachten anerkannt und damit die mit
der Begutachtung einhergehenden Kos-
ten übernommen werden.
Rechtsanwalt Jens Dötsch, Andernach
■
Frage:
Kann man mittlerweile eine Ten-
denz erkennen, ob die Rechtsprechung die
Mietwagenkosten eher nach Schwacke
oder nach Frauenhofer anerkennt?
Dr. Frank Häcker:
Seit vielen Jahren tobt
an den deutschen Gerichten der Kampf
um die Mietwagengebühren.
Über die Republik zieht sich ein Fli-
ckenteppich verschiedenster Rechtspre-
chungen, die sich mit den Grundlagen
der Berechnung der Mietwagenkosten
befasst. Anfänglich hat die Versiche-
rungswirtschaft noch viele Schlachten
um die Höhe der Gebühren verloren, da
die Gerichte zumeist auf der Grundlage
des Schwacke-Mietpreisspiegels zu
Gunsten der Geschädigten urteilten. In-
zwischen sprechen jedoch immer häufi-
ger auch Oberlandesgerichte der Frauen-
hofer Studie eine Eignung zu, als taugli-
che Bemessungsgrundlage für die Er-
mittlung der ersatzfähigen Mietwagen-
kosten dienen zu können.
NOCH FRAGEN?
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Auch der Bundesgerichtshof als
höchstes deutsches Gericht kann auf-
grund der Besonderheiten des Revisi-
onsrechts nicht abschließend für Rechts-
sicherheit sorgen und entweder Schwa-
cke oder Frauenhofer als alleinige
Schätzgrundlage absegnen. Die Instanz-
gerichte werden deshalb auch weiterhin
unterschiedlich urteilen. Auch zukünftig
wird sich anhand des jeweiligen Ge-
richtsstandes entscheiden, in welcher
Höhe die Mietwagenkosten vom Ver-
mieter abgerechnet werden können.
Es ist allerdings ein Trend feststellbar.
Immer mehr Gerichte tendieren zu einer
dritten Lösung. Nach dieser häufig als
„Fracke-Lösung“ bezeichneten Methode
wird auf den Mittelwert zwischen der
Schwackeliste und der Frauenhofer
Studie abgestellt, um angemessene Miet-
wagengebühren zu ermitteln.
Selbst der BGH hat diese Methode als
mögliche Berechnungsgrundlage bezeich-
net. Die Anwendung der „Fracke-Lö-
sung“ ist für den Richter äußerst attraktiv,
da er sich nicht mehr mit den zahlreichen
Schwächen der jeweiligen Erhebungsme-
thoden auseinandersetzen muss.
Wichtig ist allerdings, dass in keinem
Fall Geld bei den Nebenkosten verschenkt
wird. Es gilt zu beachten, dass der Fraun-
hofer-Marktpreisspiegel im Gegensatz zur
Schwackeliste nur die Grundpreise aus-
weist. Nebenkosten wie Winterreifen,
zweiter Fahrer oder auch die Kosten für
eine Haftungsreduzierung wurden in die-
ser Studie nicht ermittelt. Bei der Bemes-
sung der Mietwagenkosten anhand der
„Fracke-Lösung“ sind die Nebenkosten
daher auf den Mittelwert aufzuschlagen.
Die zu erstattenden Mietwagenkosten
sind folglich höher als die bloße Mittel-
werterrechnung aus dem Fraunhofer-
Betrag ohne Nebenkosten und dem
Schwackewert mit Nebenkosten.
Im Interesse der Geschädigten gilt zu
hoffen, dass der Streit um die Höhe der
Mietwagengebühren in Zukunft abneh-
men wird. Nur durch eine einheitlichere
Rechtsprechung kann für alle Seiten
Rechtssicherheit geschaffen und den Ge-
schädigten der oft unangenehme Weg
der gerichtlichen Durchsetzung berech-
tigter Ansprüche erspart werden.
Dr. Frank Häcker, Aschaffenburg
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Die Rechtsprechung zu den Mietwagengebühren ist in der Bundesrepublik sehr unterschiedlich.
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11/2015
AUTOHAUS SCHADENRECHT