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5/2016
EDITORIAL AUTOHAUS SCHADENRECHT
N
achdem die Versicherungsbranche mithilfe
ihres seit Jahren betriebenen Schadenmana-
gements bemüht ist, Dienstleister, die nicht
durch Preisabsprachen an sie gebunden sind, aus
demMarkt zu drängen, haben sie es nun auf alle ge-
meinsam abgesehen. Den Trend nutzend, sämtliche
Lebenssachverhalte online – am besten mittels
Smartphone-App – zu regeln, stellen einige Versiche-
rer eine Unfallregulierungsapp zur Verfügung. Nach
kurzer Schadenmeldung, verbunden mit ein paar
Smartphonefotos des Schadens, wird „über den Dau-
men“ eine Kostenkalkulation erstellt und auch gleich
ein Festpreis zur Regulierung angeboten. Per Klick
kann nun ein Betrag zur Sofortüberweisung akzep-
tiert werden, ohne dass eine sachverständige Person
– vorzugsweise ein Gutachter – das Fahrzeug in
Augenschein genommen oder beschädigte Teile frei-
gelegt hätte. Mit etwas (Versicherer-)Glück akzep-
tiert der Geschädigte das verlockende schnelle Geld.
Nicht wenige werden sich möglicherweise in der
Folge überlegen, dass die Reparatur noch warten
kann oder auch gar nicht nötig ist. Vielleicht reicht
dem einen oder anderen auch Smart-Repair oder
eine andere Billigreparatur, die der Optik genügt.
Dieser (Ex-)Kunde wird aller Wahrscheinlichkeit
nach jedenfalls nicht als Nächstes in sein Autohaus
fahren, um den Schaden dort nach Herstellervorga-
ben beheben zu lassen.
Natürlich arbeitet man hierneben auch weiterhin
an der gezielten und bewussten Fehlinformation der
Geschädigten. So werden derzeit Erstanschreiben
nach Verkehrsunfall mit demHinweis versandt, dass
die Kosten für ein Gutachten nur erstattet werden
können, wenn dies erforderlich ist (richtig!). Weiter
wird ausgeführt, dass Sachverständigengutachten
und -kosten jedoch in den meisten Fällen nicht er-
forderlich seien (falsch!). Dann versteigt man sich zu
der Behauptung, Begutachtungen von Schäden unter
1.000 Euro seien grundsätzlich nicht erstattungsfähig
(falsch!). Tatsächlich geht die Rechtsprechung in der
Regel von der Erforderlichkeit eines Gutachters ab
einer Bagatellschadengrenze von 750 Euro aus, so
dass in der weit überwiegenden Anzahl der Schaden-
fälle ein Gutachten auf Kosten der gegnerischen Ver-
sicherung beauftragt werden kann.
Anlass, um wieder einmal zu betonen: Bei jedem
Haftpflichtschaden, mit dem das Autohaus befasst
ist, sollte von Beginn an die Einschaltung eines An-
waltes empfohlen werden, um den vielzähligen Fehl-
informationen und dreisten Sparversuchen der Ver-
sicherer entgegenzutreten. Die Einschaltung eines
Anwaltes ist für den unverschuldet in einen Ver-
kehrsunfall Geratenen ab dem ersten Euro Schaden-
summe kostenfrei.
Schnelles Geld per App
»
Der Anwalt ist für den
Geschädigten ab dem
ersten Euro kostenfrei.
«
Daniela Mielchen,
Rechtsanwältin und Vorstandsmitglied
der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV
IMPRESSUM
AUTOHAUS SCHADENRECHT
erscheint in AUTOHAUS SchadenBusiness
mit AUTOHAUS 5/2016
Herausgeber:
Arbeitsgemeinschaft Verkehrs-
recht Deutscher Anwaltverein (DAV) e. V.
Chefredaktion:
Dr. Daniela Mielchen
Realisierung: Springer Fachmedien
München GmbH
Verlagsvertretung Presse + PR Pfauntsch
Otto-Hahn-Straße 28, Aufgang 4
85521 Ottobrunn-Riemerling
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Koordination und Schlussredaktion:
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Korrektorat:
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Grafik/Layout:
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Druck:
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97080Würzburg




