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10/2016
EDITORIAL AUTOHAUS SCHADENRECHT
D
er eCall, durch den bei einem Unfall auto-
matisch ein Notruf abgesetzt wird, kommt.
Aber erst 2018. Und dann wird vielleicht
nicht nur die Notrufzentrale, sondern auch der Fahr-
zeughersteller informiert.
„Bei einem Unfall möchten auch wir informiert
werden. Andernfalls landet der Wagen womöglich
in einerWerkstatt des Herstellers“, kommentierte dies
kürzlich ein Vorstandsmitglied einer der marktfüh-
renden Versicherungen. Deshalb kommt jetzt – und
das bereits seit April 2016! – der Unfallmeldestecker
des GDV für den Zigarettenanzünder im Auto. Hier-
mit soll verhindert werden, dass die Versicherungs-
branche durch die Einführung des Notrufsystems E-
Call ab 2018 den Zugang zum Kunden, vor allem die
so mühsam eroberten Chancen auf den Erstkontakt
nach Unfall (z. B. über den Zentralruf der Versicherer,
Schnellmelderprämien u.v.m.), verliert.
Unfallmeldestecker, aber auch die Telematik-Boxen der neuen Pay-as-you-drive-Tarife vieler Ver-
sicherer, bei denen sich die Höhe der Versicherungs-
prämien an der Fahrweise des Versicherungsnehmers
orientiert, setzen eine Unfallmeldung ab, wenn ein
Anstoß am Fahrzeug registriert wird. Die den Notruf
entgegennehmenden Mitarbeiter beauftragen bei
Personenschäden einen Rettungswagen und infor-
mieren bei Bedarf einen Abschleppdienst. Gleichzei-
tig – und das ist der Sinn der Sache – leiten sie die
Steuerung in die Partnerwerkstatt der Versicherer ein.
„Dadurch können wir die Schadenkosten signifikant
reduzieren“, lässt sich ein Geschäftsführer einer an-
deren Versicherung zitieren. Zielsetzung: Billigste
Stundenverrechnungssätze in Partnerwerkstätten,
keine kostenverursachenden Berater wie Sachver-
ständige und Rechtsanwälte sowie ausbleibende Be-
ratungsfolgekosten, verursacht z. B. durch 130 %
Reparaturen, Quotenvorrechtsfälle oder die Geltend-
machung einer Fülle anderer Schadenpositionen, die
der Versicherer zahlen muss, aber nicht will.
Neben dem stark verkürzten Schadenersatz, mit
dem sich der per Telematik und Unfallmeldestecker
überwachte Kunde auseinandersetzen muss, wäre er
auch gut beraten, sich Gedanken über Fragen der
Datenerhebung und des Datenverbleibs zu machen.
Welche Daten werden erhoben, wann an wen weiter-
geleitet und wo ggf. gespeichert?
Es bleibt zu hoffen, dass die Autohausmitarbeiter
genug Zeit und Lust haben, ihre Kunden immer
wieder darüber aufzuklären, dass das Autohaus der
erste Ansprechpartner für den Kunden nach einem
Unfall sein sollte. Die Empfehlung zur Einschaltung
von Sachverständigen und Anwälten ist hiernach in
vielen Autohäusern eine Selbstverständlichkeit.
Insoweit möchte ich auf das OLG Frankfurt ver-
weisen, dem es „geradezu als fahrlässig“ erscheint,
einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechts
anwalts abzuwickeln (OLG Frankfurt, Urteil vom
01.12.2014 Az. 22 U 171/13).
Steuerung per Unfallmeldestecker
»
Das Autohaus sollte der erste
Ansprechpartner für den Kun-
den nach einem Unfall sein.
«
Daniela Mielchen,
Rechtsanwältin und Vorstandsmitglied
der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV
IMPRESSUM
AUTOHAUS SCHADENRECHT
erscheint in AUTOHAUS SchadenBusiness
mit AUTOHAUS 10/2016
Herausgeber:
Arbeitsgemeinschaft Verkehrs-
recht Deutscher Anwaltverein (DAV) e. V.
Chefredaktion:
Dr. Daniela Mielchen
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