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es eine günstigere Unterstellmöglichkeit

gegeben hätte. Aufgrund der Umstände

(Feiertage, Wochenende sowie generelle

Überlegungsfrist) war auch der Zeitraum,

welcher der Berechnung zugrunde gelegt

wurde, nicht zu beanstanden.

2. Abschleppkosten

Dass für den Geschädigten keine Pflicht

besteht, zunächst mehrere Angebote bei

den verfügbaren Abschleppdiensten ein­

zuholen, hat kurz und deutlich das LG

Hof, AZ 22 O 81/15 bestätigt. In dessen

Urteil heißt es, dass die Unfallstelle mög­

lichst schnell zu räumen ist, auch um Ge­

fahren für sonstige Verkehrsteilnehmer zu

vermeiden. Es kann daher nicht gefordert

werden, dass vorab Vergleichsangebote

eingeholt werden. Einen Freibrief darf der

Abschlepper darin jedoch nicht sehen, wie

das Gericht ebenfalls klarstellt. Die Ab­

rechnung muss sich am ortsüblichen Rah­

men orientieren. Nur dann ist sie nicht zu

beanstanden und die Versicherung kann

sich gegen diesen Schadenersatzanspruch

nicht zur Wehr setzen.

3. Reparaturkosten

Beleuchtet wird hierzu ein Urteil des AG

Limburg, AZ 4 C 85/14. An dem Unfall­

fahrzeug wurden – gemäß Gutachten –

zwei beschädigte Frontscheinwerfer aus­

getauscht. Die gegnerische Haftpflichtver­

sicherung sah keine Notwendigkeit für

einen Austausch. Unter dem Hinweis auf

die Schadenminderungspflicht verwies sie

auf die Möglichkeit der Verwendung eines

Reparatursatzes, der erheblich günstiger

als das vollständige Ersatzteil ist. Zur Er­

mittlung der gleichwertigen Funktions­

tüchtigkeit der Scheinwerfer holte das

Gericht ein Sachverständigengutachten

ein. Dieses kam auch zu dem Ergebnis,

dass durch die Verwendung des Repara­

tursatzes die Funktionstüchtigkeit der

Scheinwerfer wiederhergestellt werden

könne. Das Gericht gab der Klage auf

Ersatz der Kosten für den Komplett­

austausch dennoch statt. Als ausschlag­

gebend wurde hierbei gesehen, dass die

vollständige Wiederherstellung des ur­

sprünglich unbeschädigten Zustandes

durch den Reparatursatz nicht stattfinde.

Dies könne nur durch den Einbau von

vollständigen Ersatzscheinwerfern ge­

schehen.

4. Kosten für Mietwagen

Der klassische Einwand der Versicherung

gegenüber dem Schadenersatzspruch des

Werkstattkunden auf Ersatz der Mietwa­

genkosten ist der, dass der Geschädigte

sich vorab über die Preise hätte informie­

ren müssen. Es sei ihm zumutbar, mehre­

re Angebote im unmittelbaren Umfeld

einzuholen, um daraufhin das kosten­

günstigste Fahrzeug anzumieten.

Zu unterscheiden ist hierbei, ob es sich

um eine Anmietung unmittelbar nach

dem Unfall handelt und eine sogenannte

Not- und Eilsituation vorlag. Nimmt man

eine solche Lage an, liegt die Pflicht zum

Preisvergleich nicht vor und der Ge­

schädigte darf den ersten angebotenen

Mietwagen nehmen. Einen solchen Fall

hat das AG Potsdam AZ 25 C 28/15 vor

kurzem zugunsten des Geschädigten ent­

schieden. Dieser erlitt auf der Durchreise

unverschuldet einen Verkehrsunfall. Da er

nicht ortskundig war und keine Kenntnis

über die örtliche Mietwagensituation hat­

te, konnte ihm nicht vorgeworfen werden,

dass er sich für das Angebot eines über­

örtlich bekannten Vermieters entschloss.

Auch eine Verpflichtung, bei der – zum

damaligen Zeitpunkt noch unbekannten

– unfallgegnerischen Haftpflichtversiche­

rung nachzufragen oder eine Internetre­

cherche vorzunehmen, war laut Gericht

nicht zumutbar. Es war daher zu beurtei­

len, ob das Anmietverhalten des Geschä­

digten zum damaligen Zeitpunkt und in

der damaligen Situation für diesen er­

kennbar unsachgemäß war und eventuell

der Eindruck entstand, leichtfertig unnö­

tige Kosten entstehen zu lassen. Dies war

nicht der Fall, so dass der teurere Miet­

wagen zu erstatten war.

Wird der Mietwagen hingegen erst

einige Tage nach dem Unfall benötigt,

besteht für den Unfallgeschädigten die

Pflicht, sich vorab zu erkundigen, wie

sich die für ihn zugänglichen Mietwagen­

tarife gestalten. Korrekt macht der Ge­

schädigte das, indem er mindestens drei

Angebote einholt und diese vergleicht.

Sollte sich hierbei herausstellen, dass die

billigste Mietstation für ihn nur unter

erheblichen Umständen erreichbar ist,

und sind die Unterschiede zu dem

nächstteureren Angebot gering, darf

der wirtschaftlich vernünftig denkende

Geschädigte in der konkreten Situation

auch das teurere Angebot wahrnehmen.

Kommt er dieser Informationspflicht

nicht nach, liegt ein Verstoß gegen seine

Schadenminderungspflicht vor, wenn der

in Anspruch genommene Mietwagen

teurer als die ortsüblichen Tarife war.

Was im Einzelfall als ortsüblich anzuse­

hen ist, muss man dann im Spannungsfeld

zwischen Schwacke- und Fraunhoferliste

ermitteln.

Fazit

Die hier geschilderten Fälle zeigen bei­

spielhaft, dass jeder Fall auf seine spezifi­

schen Einzelheiten geprüft werden muss.

Wichtig ist – und das gilt nicht nur für

Kürzungen aufgrund einer angeblichen

Schadenminderungspflicht –, dass die

Werkstatt den ihr abgetretenen Anspruch

auf Schadenersatz nur dann vollständig

durchsetzen kann, wenn sie sich aktiv –

sinnvollerweise mit anwaltlicher Hilfe –

mit den Einwänden der Versicherung

auseinandersetzt. Wenn dieser Ansatz

konsequent verfolgt wird, steigert sich am

Ende der Ertrag im K&L-Bereich.

RA Florian Schmitt

10/2016

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AUTOHAUS SCHADENRECHT