Produkthaftungsgesetz und die Haftung
des Herstellers nach § 823 Abs. 1 Bürger-
liches Gesetzbuch (BGB) eine durchaus
hinreichende Haftungsalternative für das
mögliche Entstehen von Sach- und Per
sonenschäden bei Systemfehlern oder
Systemversagen darstellen. Derartige An-
sprüche können aber
nur durchgesetzt wer-
den, wenn der Zugriff
auf entsprechende Be-
weisdaten – anders als
bisher – neben denHer-
stellern auch den an-
sonsten Betroffenen
rechtlich und tatsächlich möglich ist. Nach
Schadenfällen müssen sämtliche System-
handlungen und relevanten Daten wie
auch mögliche Systemeingriffe durch den
Fahrer beweissicher dokumentiert den
Parteien zur Verfügung stehen. Hier brau-
chen wir entsprechende Gesetze. Bei der
Ausgestaltung sollte ein besonderes Au-
genmerk auf Transparenz bei der Daten-
erhebung und -speicherung sowie einen
ausgedehnten Datenschutz gelegt werden.
Auch wird es nicht ganz einfach sein, die
Verkehrssünder im Griff zu behalten,
wenn sich diese auf einen Rechtsbruch
durch den Pkw ohne eigenes Zutun
berufen. Hier sind Überlegungen notwen-
dig, wie man in verkehrsrechtlichen Mas-
senverfahren wie z. B. bei Geschwindig-
k e i t s v e r s t ö ß e n
Klarheit darüber
erlangen kann, ob
das System oder ein
selbst verantwortli-
cher Fahrzeugfüh-
rer gefahren ist.
Sanktionen sind
nach deutschem Recht an fahrlässiges
oder vorsätzliches Handeln geknüpft. Ein
solches liegt bei systemseitigem Fehlver-
halten nicht vor. Es wäre zukünftig mithin
notwendig, jedem einzelnen Fahrer bei
jeder einzelnen von vielen Millionen Ord-
nungswidrigkeiten jährlich nachzuweisen,
dass er selbst gefahren ist, um einen Buß-
geldbescheid gegen ihn auszubringen. Es
ist zu überlegen, wie dies gesetzlich gelöst
werden kann, ohne weitgehende und da-
tenschutzrechtlich bedenkliche Überwa-
chungen in Form von anlasslosenMassen-
überwachungen notwendig zu machen.
Neue Technik braucht neue Gesetze
Autos vernetzen sich zum Zweck der
Datenkommunikation untereinander
und mit der Umgebung. Niedersachsen
möchte nun die bisher in Deutschland
abgelehnte Streckengeschwindigkeits-
überwachung auf seinen Straßen testen
und das Notrufsystem E-Call macht es
ab Frühjahr 2018 erforderlich, dass alle
Neuwagen mit GPS-System sowie Sende-
und Empfangsmöglichkeiten ausgestattet
werden. Wir sehen uns zunehmend einer
Infrastruktur gegenüber, die neben dem
autonomen Fahren auch Überwachung
und Datenmissbrauch möglich macht.
Hier muss der Datenschutz Schritt hal-
ten! Es kann nicht reichen, alte Gesetze
unter den neuen Gegebenheiten frei zu
interpretieren. Es müssen eilig auch ein
paar neue Gesetze her, die der Zukunft
Rechnung tragen.
AG Verkehrsrecht imDAV
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53 . VERKEHRSGER I CHTSTAG – AK V I : ALTERNAT I VE REPARATURMETHODEN
Geschädigte haben Anspruch auf
vollständige Schadensbehebung
Ausbessern ist keine Reparatur – zumindest nicht bei einem Haftpflichtschaden. Diese Ansicht
vertritt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV nach den Diskussionen zu den
alternativen Reparaturmethoden in Goslar.
A
usbeulen statt austauschen:
Smart-Repair-Techniken sind we-
niger aufwendig als herkömmli-
che Auto-Reparaturen und damit billiger.
Geschädigte bei einem Unfall sollten sich
aber nicht mit einer Ausbesserung zu
frieden geben – sonst drohen später böse
Überraschungen, warnt die Arbeitsge-
meinschaft Verkehrsrecht des Deutschen
Anwaltvereins (DAV). Dieser Anspruch
soll bleiben.
Kleine Schäden am Auto können hohe
Kosten verursachen: Nicht selten wird
wegen ein paar kleiner Kratzer eine kom-
plette Motorhau-
be lackiert oder
ein Kotflügel ge-
tauscht. Eine Al-
ternative bieten
Reparaturtechni-
ken, die als Smart-Repair bezeichnet wer-
den. Diese sind zwar zunächst häufig die
günstigere Alternative, können aber in der
Regel eine fachgerechte Reparatur nicht
ersetzen – doch genau auf diese haben
Geschädigte nach
einem Unfall An-
spruch.
„Als Geschä-
digter bei einem
Unfall hat man
Anspruch darauf, dass der Schaden voll-
ständig behoben und nicht nur ausgebes-
»
Der DAV ist der Auffassung,
dass im Haftpflichtschaden Aus-
bessern keine Reparatur ist.
«
»
Besonderes Augenmerk
muss auf die Transparenz
bei der Datenerhebung
und Datenspeicherung
gelegt werden.
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5/2015
AUTOHAUS SCHADENRECHT