AUTOHAUS SCHADENRECHT SB15-H4 - page 5

Steinschlag durch Lkw
Will ein Kläger vor Gericht einen Schaden­
ersatzanspruch geltend machen, muss er
diesen Anspruch auch beweisen können.
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des
Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert
über eine Entscheidung des Landgerichts
­Coburg vom 23. Dezember 2014 (AZ: 22 O
306/13).
Im gegenständlichen Fall war ein Auto­
fahrer auf einer Landstraße hinter einem
mit Kies beladenen Lkw gefahren. Er be­
hauptete, von der Ladefläche des Lkw
seien Steine und Splitter auf die Frontpar­
tie und das Dach seines Pkw gefallen und
hätten das Fahrzeug beschädigt. Er ver­
langte Schadensersatz in Höhe von insge­
samt knapp 7.000 Euro. Der Privatsachver­
ständige, den der Mann beauftragte, stell­
te an dem Fahrzeug verschiedene ältere
Steinschlagschäden fest, ebenso aber auch
frische Schäden.
Die Klage des Pkw-Fahrers hatte keinen Er­
folg. Das Gericht vernahmmehrere Zeugen,
unter anderemden Sachverständigen, und
ließ dessen Ergebnisse von einemgericht­
lichen Sachverständigen überprüfen. Dabei
stellte sich heraus, dass verschiedene der Be­
schädigungen gerade nicht von Steinschlä­
gen herrührten, sondern andere Ursachen
hatten.
Das Gericht hatte schließlich auch deshalb
Zweifel an den Behauptungen des Klägers,
weil dessen Privatsachverständiger den
Pkw erst 14 Tage nach demVorfall besich­
tigt hatte. Beide Sachverständige hatten
jedoch bestätigt, dass schon nach Ablauf
dieser zwei Wochen das Alter eines Stein­
schlages kaum noch zu bestimmen sei. Da
der Autofahrer also nicht beweisen konnte,
dass die Schäden von dem Kieslaster her­
rührten, ging er leer aus.
Verkehrsunfall: KeinMietwagen,
aber trotzdemAnspruch auf Nut-
zungsausfall
Bei einemVerkehrsunfall hat der Geschä­
digte auch dann Anspruch auf Nutzungs­
ausfall des eigenen Fahrzeuges, wenn er
keinen Mietwagen benötigt. Der Anspruch
besteht für die gesamte Dauer des Ausfalls
des Fahrzeuges, nicht allein für die Repara­
turdauer. Darüber informiert noch einmal
die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des
Deutschen Anwaltvereins (DAV) und ver­
weist auf eine Entscheidung des Amtsge­
richts Hamburg-Harburg vom 30. April
2014 (AZ: 648 C 422/13).
Bei einem Unfall mit einem Auto hatte der
Fahrer eines Sattelzuges unstreitig Schuld.
Das Auto war so stark beschädigt, dass der
Halter nicht mehr damit fahren konnte.
Der Unfall ereignete sich an einem 7. Okto­
ber. Das Sachverständigengutachten lag
am 10. Oktober vor und wurde der Versi­
cherung am 11. Oktober weitergeleitet.
Mit Schreiben vom 11. Oktober teilte der
Autofahrer mit, dass er die Reparaturkos­
ten nicht vorfinanzieren könne. Er benöti­
ge daher die Deckungszusage der gegne­
rischen Versicherung. Nachdem er zu­
nächst nichts hörte, ließ er das Fahrzeug
ab dem 18. November 2011 reparieren.
Die Haftungsbestätigung durch die gegne­
rische Versicherung erfolgte am 23. No­
vember. Der Mann verlangte Nutzungsaus­
fall vom 7. Oktober bis zum Ende der Repa­
ratur am 6. Dezember, jeweils 59 Euro pro
Tag. Die gegnerische Versicherung zahlte
jedoch nur 590 Euro und verwies auf die
voraussichtliche Reparaturdauer laut Sach­
verständigengutachten.
Der Mann klagt folglich auf Zahlung der
weiteren 2.596 Euro zuzüglich der Über­
nahme der Rechtsanwaltskosten.
Die Klage hatte Erfolg. Grundsätzlich sei
der Nutzungsausfall nur für den Zeitraum
zu ersetzen, der benötigt wird, um das
Auto zu reparieren oder ein neues anzu­
schaffen. Hinzu komme jedoch auch der
Zeitraum, bis das Sachverständigengut­
achten fertig gestellt sei. Im vorliegenden
Fall habe der Autofahrer jedoch mit dem
Beginn der Reparatur warten dürfen, da
er nicht in der Lage gewesen sei, die Repa­
raturkosten vorzustrecken. Er habe nicht
darauf vertrauen dürfen, dass die gegne­
rische Versicherung die Haftung grund­
sätzlich bejahe.
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kaskoversicherung bietet – auch wenn
ordnungsgemäß durchgeführt – Fallstri­
cke. Die zeitnahe und korrekte Beziffe­
rung der Ansprüche gegenüber dem Un­
fallgegner bzw. seiner Versicherung sind
eine der Grundvoraussetzungen. Ein Blick
auf die Folgen der Inanspruchnahme der
Vollkaskoversicherung macht deutlich,
dass zum Wohle des Geschädigten einige
Wenn ein Fahrzeughalter falsche Angaben
zu Ursache und Zeitpunkt von Steinschlag-
schäden macht und das Gericht seine Klage
verwirft, bleibt am Ende nur das eigene Aus-
pinseln von Blechschäden.
Dinge zu beachten sind. Andernfalls
­stehen am Ende der zunächst als sehr
­bequem erscheinenden Vorfinanzierung
Kosten, die vermeidbar gewesen wären.
Die Folge ist ein geschädigter Kunde mit
Mehrkosten und dies für den „Lohn“ der
eventuell schnell(er) bezahlten Reparatur­
rechnung. Die Androhung der Inan­
spruchnahme der Vollkaskoversicherung
reicht häufig schon aus, um der Versiche­
rung des Gegners auf die Sprünge zu hel­
fen.
Aufgrund der hohen Komplexität der
Schadenregulierung sollte immer ein un­
abhängiger Berater herangezogen werden.
Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt
ist in derartigen Fällen dringend zu emp­
fehlen.
RA Martin Dirscherl, Olching
Fotos:W. K. Pfauntsch
Sieht vergleichsweise„harmlos“ aus, aber bei
genauer Betrachtung stellte sich heraus, dass
ein erheblicher Schaden an Spurstange und
Achsgelenken gegeben und das Fahrzeug
nicht mehr fahrfähig war.
AUTOHAUS SCHADENRECHT
23-24/2015
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